Rz. 146
Der Steueranspruch erlischt rückwirkend auf den Steuerstichtag, "soweit ein Geschenk wegen eines Rückforderungsrechts herausgegeben werden mußte" (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), die Herausgabe wegen Verarmung des Schenkers abgewendet wurde (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) oder die Erwerbsgegenstände innerhalb von zwei Jahren einer Gebietskörperschaft oder steuerbegünstigten inländischen Stiftung zugewendet wurden (§ 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Derartige Vorgänge können sich durchaus auch nach einem steuerbaren Erwerb durch eine rechtsfähige Personengesellschaft ereignen (Beispiele zu § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG: Rückabwicklung einer Schenkung nach Ausübung eines vorbehaltenen Widerrufs des Schenkers, § 158 Abs. 2 BGB; Rücktritt wegen Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB; Schenkungsanfechtung nach §§ 1, 4, 11 AnfG oder §§ 129, 134, 143 InsO). Sollte es zu einer Inanspruchnahme der nach § 2a Satz 2 ErbStG als Erwerber geltenden Gesellschafter gekommen sein, stehen ihnen nunmehr materiell-rechtlich korrespondierende Steuererstattungsansprüche zu, die verfahrensrechtlich eine entsprechende Aufhebung bzw. Änderung der ursprünglichen Steuerbescheide erfordern (§ 37 Abs. 1, 2 Satz 1, § 218 Abs. 1 AO); Änderungsnorm ist § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO .
Rz. 147
Zwischenzeitlich ausgeschiedene Gesellschafter werden womöglich über solche Ereignisse nicht mehr informiert. Für sie mag es daher schwierig sein, ihre Erstattungsansprüche geltend zu machen, endet doch die Festsetzungsfrist bereits mit Ablauf des nachfolgend vierten Kalenderjahrs (§§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 175 Abs. 1 Satz 2 AO), wenn sie nicht durch einen konkreten Antrag auf Korrektur des ergangenen Steuerbescheids gehemmt wird (§ 171 Abs. 3 AO). – Beachten Sie: Ggf. gilt eine Ausschlussfrist nach § 5 Abs. 2 BewG.
Rz. 148
Personelle Veränderungen innerhalb der rechtsfähigen Personengesellschaft nach dem Steuerstichtag lassen womöglich zweifeln, ob es sich im Zeitpunkt ihrer erzwungenen Entreicherung noch um dieselbe Gesellschaft handelt. Eindeutig verneinen lässt sich dies wohl nur, wenn sie zwischenzeitlich infolge Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters nicht mehr existierte (§ 712a Abs. 1 Satz 1 BGB) und vom letzten Gesellschafter mit neuen Gesellschaftern eine dann andere Gesellschaft gegründet wurde. Erfüllt eine solche rechtsfähige Personengesellschaft einen vermeintlichen Rückforderungsanspruch, liegt die Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2a Satz 3 ErbStG nahe.
Rz. 149
Hinzu gekommenen neuen Gesellschaftern stehen jedenfalls keine Steuererstattungsansprüche zu. Sie wurden im Erwerbszeitpunkt nicht von § 2a Satz 2 ErbStG erfasst (s. Rz. 49).
Rz. 150
Gesetzliche Haftung der Gesellschafter: Nach §§ 721, 721a BGB haften alle, auch die ausgeschiedenen und ebenso die eintretenden, Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (s. auch §§ 126, 127, 171 ff. HGB). Sollten sie persönlich von ehemaligen Schenkern in Regress genommen werden, dürfte dies tatbestandlich jedenfalls kein Ereignis i.S.d. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein. Anders wird es jedoch sein, wenn ein nach Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters verbleibender Gesellschafter als Gesamtrechtsnachfolger der Gesellschaft (§ 712a Abs. 1 BGB) das Geschenk herausgeben musste. Dann sind alle einst in Anwendung des § 2a Satz 2 ErbStG als Erwerber in Anspruch genommenen Gesellschafter der erloschenen rechtsfähigen Personengesellschaft steuererstattungsberechtigt. Ob und inwieweit der leistende Gesamtrechtsnachfolger der Gesellschaft von seinen ehemaligen Mitgesellschaftern aufgrund ihrer gesamtschuldnerischen Haftung Ausgleich verlangen kann, bestimmt sich nach § 426 BGB.
Rz. 151
Nach § 29 Abs. 2 ErbStG ist ein Erwerber für die Nutzungszeit des einst zugewendeten Vermögens "wie ein Nießbraucher zu behandeln". Diese Vorschrift dürfte auf Gesellschafter, die gem. § 2a Satz 2 ErbStG "bei einem Erwerb ... durch eine rechtsfähige Personengesellschaft" als Erwerber gelten, wohl nicht anwendbar sein, denn tatbestandlich ist an die Nutzungsberechtigung der/s Erwerber/s anzuknüpfen. Zivilrechtlich sind jedoch nicht die Gesellschafter, sondern ist allein die rechtsfähige Personengesellschaft berechtigt die Gegenstände ihres Vermögens zu nutzen (§ 713 BGB). Sieht man in § 29 Abs. 2 ErbStG einen eigenständigen Erwerbstatbestand, wäre die rechtsfähige Personengesellschaft persönlich steuerpflichtig (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG i.V.m. § 14a Abs. 2 Nr. 2 AO).