Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 71
Bei einer Hauptfeststellung von Einheitswerten auf einen bestimmten Stichtag werden sämtliche wirtschaftlichen Einheiten der in Betracht kommenden Gruppe unter Zugrundelegung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse dieses Stichtags nach Art, Wert und Zurechnung bewertet.
Rz. 72
Die Neubewertung erfolgt ohne Rücksicht darauf, ob sich bei der einzelnen wirtschaftlichen Einheit während des vorangegangenen Hauptfeststellungszeitraums etwas verändert hat oder nicht. Die Hauptfeststellung hat den Sinn, Einheitswerte nach einer gewissen Zeit allgemein den geänderten Verhältnissen anzupassen. Die Neubewertung hat jedoch nicht automatisch zur Folge, dass die neuen Werte alsbald den einheitswertabhängigen Steuern zugrunde gelegt werden. Den Zeitpunkt der Wirkung muss der Gesetzgeber festlegen. Allerdings wird eine Hauptfeststellung nicht um ihrer selbst willen durchgeführt, sondern muss schon einen konkreten Zweck erfüllen.
Rz. 73
Hierbei ist zu beachten, dass eine Hauptfeststellung sowohl für den Stpfl. als auch für die Finanzverwaltung sehr arbeitsaufwendig ist. Das gilt insb. für die Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes. So waren zum 1.1.1964 rund 4 Mio. Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und rund 8,5 Mio. Grundstücke zu bewerten. Diese Zahl hat sich im Laufe der Jahre insb. bei den Grundstücken deutlich nach oben entwickelt. So bestanden Anfang 1986 in den alten Bundesländern einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe mehr als 20 Mio. wirtschaftliche Einheiten. Inzwischen geht man von etwa 35 Mio. wirtschaftlichen Einheiten aus.
Rz. 74
Die Finanzverwaltung benötigte schon für die Hauptfeststellung des Grundbesitzes auf den 1.1.1964 etwa acht Jahre. Die Arbeiten waren im Wesentlichen erst Ende 1972 abgeschlossen. Berücksichtigt man, dass die Zahl der wirtschaftlichen Einheiten zwischenzeitlich erheblich gestiegen ist, und vor allem, dass im Rahmen einer neuen Hauptfeststellung auch der Grundbesitz in den neuen Bundesländern bewertet werden müsste, erhält man eine Vorstellung von den Anforderungen, die eine neue Hauptfeststellung des Grundbesitzes stellen wird.
Rz. 75
Dieser Arbeitsaufwand schließt es aus, jährlich Hauptfeststellungen durchzuführen. Wie die Abstände bemessen werden, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit und der politischen Durchsetzbarkeit. So war auf den 1.1.1993 eine Teilhauptfeststellung für baureife unbebaute Grundstücke angedacht. Dieses Vorhaben ist jedoch am Widerstand der Länder im Bundesrat gescheitert.
Rz. 76
Generell lässt sich die Durchführung von Hauptfeststellungen in größeren Abständen rechtfertigen, wenn die Zeitabstände nicht zu groß sind und sich die Verhältnisse im Lauf des Hauptfeststellungszeitraums nicht erheblich ändern. Andernfalls führt das Festhalten an den überholten Werten zu Wertverzerrungen gegenüber den anderen Vermögensarten. Diese Problematik ist jedoch durch die inzwischen stark eingeschränkte Wirkung der Einheitsbewertung nur auf das Grundvermögen und die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe entschärft worden. Auch wenn das Festhalten an den längst überholten Einheitswerten zu einer geradezu grotesken Unterbewertung geführt hat, ist dies aus verfassungsrechtlicher Sicht zumindest bis zum Stichtag 1.1.2001 nicht zu beanstanden; die Verfassungswidrigkeit ist jetzt erstmals auf den 1.1.2002 festgestellt worden (s. dazu Anm. 21 ff.).
Rz. 77– 79
Einstweilen frei.