Rz. 531

[Autor/Stand] Bei sämtlichen in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–6 GrStG aufgeführten Katalogtatbeständen stellt sich zur Erfüllung des begünstigenden gesetzlichen Tatbestandes die Frage, in welcher Rechtsstellung der Steuerpflichtige im Verhältnis zu dem von der Grundsteuer befreiten Grundbesitz stehen müssen. Theoretisch stehen insoweit die Möglichkeiten des zivilrechtlichen bzw. wirtschaftlichen Eigentümers oder des lediglich schuldrechtlich Berechtigten als Nutzendem (z.B. Mieter, Pächter) zur Verfügung. Im Hinblick darauf, dass Zweck der Regelung des § 3 GrStG die Entlastung bestimmter Rechtsträger von der Grundsteuer als Kostenfaktor ist, ist es naheliegend einen weiten persönlichen Anwendungsbereich der Vorschrift vorzugeben. Durch die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG wird allerdings eine ausschließliche Nutzung ohne wirtschaftliche oder rechtliche Zurechnung des Grundbesitzes durch einen nach § 3 Abs. 1 GrStG begünstigten Rechtsträger für die Gewährung eines Grundsteuerbefreiung ausgeschlossen. Damit ist die Möglichkeit der grundsteuerbefreitende Widmung von Grundbesitz durch die bloße begünstigte Nutzung seitens eines Rechtsträgers i.S.d. Katalogtatbestände des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–6 GrStG ausgeschlossen. Entsprechend verlangt § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG für eine Grundsteuerbefreiung eine Zurechnung des Grundbesitzes bei demjenigen, der den Grundbesitz für den begünstigten Zweck benutzt (Alternative 1) oder einem anderen nach den Nummern 1 bis 6 begünstigten, jedoch nicht den Grundbesitz nutzenden Rechtsträger (Alternative 2).[2]

 

Rz. 532

[Autor/Stand] Das Grundsteuergesetz knüpft ganz allgemein an das formale Kriterium der Rechtsträgeridentität von Eigentümer des Grundstücks und unmittelbar Nutzendem an.[4] Die Vorschriften in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 16 GrStG gehen davon aus, dass der begünstigte Grundbesitz vom Eigentümer selbst zu den begünstigten Zwecken benutzt wird (sog. Eigentümer-Nutzer-Identität).[5] Alternative 1 des § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG stellt insoweit daher lediglich eine klarstellende Regelung dar.[6]

 

Rz. 533

[Autor/Stand] Eine Ausnahme zum Grundsatz der Eigentümer-Nutzer-Identität bildet Alternative 2 der Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG. Danach müssen Eigentümer und Benutzer nicht notwendig identisch sein. Es reicht aus, dass an Stelle des Eigentümers als Nutzer des Grundbesitzes ein in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–6 GrStG aufgeführter begünstigter Nutzer des Grundbesitzes ohne rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer zu sein besteht. Unabhängig davon müssen auch bei dieser Alternative durch alle Beteiligten die subjektiven Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 GrStG erfüllt sein. d.h. zu den dort aufgeführten begünstigten Rechtsträgern gehören.[8] Diese formale Betrachtungsweise hat der Gesetzgeber durch den Regelungsbedarf für Öffentlich Private Partnerschaften gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG[9] indirekt noch einmal bestätigt.

 

Rz. 534

[Autor/Stand] Die Befreiungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 GrStG gelten daher auch für den Fall, dass der Rechtsträger, dem der Grundbesitz zugerechnet worden ist, den Grundbesitz einer anderen nach § 3 Abs. 1 GrStG begünstigten Rechtsträger überlässt, sofern dieser den Grundbesitz für einen der in den Katalogtatbeständen aufgeführten begünstigten Zwecke benutzt. Unerheblich dabei ist, ob der Grundbesitz unentgeltlich oder entgeltlich, z.B. gegen Miete oder Pacht, zur Benutzung überlassen wird.

 

Beispiele: 7

Der Bund verpachtet ein mit einem Behördengebäude bebauten Grundbesitz zur Benutzung durch eine Landesbehörde.

  • Eine Gemeinde verpachtet ein mit einer Sportanlage bebautes Grundstück an einen als gemeinnützig anerkannten Sportverein. Der Verein dient entsprechend seiner Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient und nutzt das Grundstück im Rahmen dieser Zwecksetzung.[11]

Dagegen sind diese Voraussetzungen insb. dann nicht erfüllt, wenn trotz für gemeinnützige Zwecke Nutzendem der wirtschaftliche Eigentümer kein begünstigter Rechtsträger i.S.d. § 3 Abs. 1 GrStG ist.

 

Beispiel: 9

Ein Erbbauberechtigter überlasst als wirtschaftlicher Eigentümer, ohne begünstiger Rechtsträger i.S.d. § 3 Abs. 1 GrStG zu sein, Grundbesitz an eine gemeinnützige Institution aufgrund eines Pachtvertrages.

 

Rz. 535

[Autor/Stand] Die Voraussetzung für eine Zurechnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG können nicht nur vom bürgerlich-rechtlichen, sondern auch vom wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 39 AO erfüllt werden. Als Eigentümer gilt derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Einheitsbewertung zugerechnet worden ist.[13]

 

Rz. 536

[Autor/Stand] Eine Entsprechung zu § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GrStG enthält das Gesetz in den Regelungen des § 4 Nr. 5 Satz 2 GrStG bzw. § 4 Nr. 6 Satz 2 GrStG. § 4 Nr. 5 Satz 1 GrStG stellt den Grundbesitz steuerfrei, der unter bestimmten Voraussetzungen für Zwecke der Wissenschaft, des Unterrichts oder der Erziehung benutzt wird.[15] § 4 Nr. 6 Satz 1 GrStG gewährt Steuerbefreiung für den Grundbesitz, der...

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