Hans-Werner Högl, Friedemann Kirschstein
Rz. 271
Überträgt ein Erbe ein auf ihn von Todes wegen übergegangenes Mitgliedschaftsrecht an einer Personengesellschaft (Satz 1) oder einen Geschäftsanteil an einer GmbH (Satz 2) unverzüglich nach dem Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG). Bei der GmbH trat an die Stelle des "steuerbilanzbasierten" Stuttgarter Verfahrens (Vermögenswert s. R 98 Abs. 2 ErbStR 2003) ebenfalls der gemeine Wert.
Rz. 272
In der Abfindung als Surrogat liegt kein Produktivvermögen. Lediglich der Erwerb der weiterübertragenen Gesellschaftsanteile kann danach begünstigt sein, allerdings nicht bei Einziehung von GmbH-Anteilen. Erwerb auf Grund einer im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bestehenden Regelung des Gesellschaftsvertrags (sog. Abfindungsklausel) zu einem niedrigeren Wert, als die Bewertung nach § 12 ErbStG ergibt, so gehört nur der Abfindungsanspruch zum Vermögensanfall i.S.v. Absatz 1 Satz 2 ErbStG. Die §§ 13a–13c, 19a und 28a ErbStG sind auf den Abfindungsanspruch nicht anzuwenden. Grund für diese Regelung bei Personengesellschaften ist die bewertungsrechtliche Abkehr von der Steuerbilanz als Ausgangspunkt der Unternehmensbewertung und die Maßgeblichkeit des gemeinen Werts (Verkehrswert).
Rz. 273
Die Differenz zwischen dem Abfindungsanspruch und dem höheren gemeinen Wert wird bei den erwerbenden Gesellschaftern als Bereicherung bzw. bei einer Einziehung des Geschäftsanteils bei den übrigen Gesellschaftern nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und Satz 3 ErbStG oder § 7 Abs. 7 oder § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG besteuert, (s. § 3 ErbStG Rz. 180–213).
Rz. 274
Ist die Abfindung höher als der gemeine Wert des Gesellschaftsanteils, gilt § 10 Abs. 10 ErbStG nicht. Der Abfindungsbetrag ist Bestandteil des gesamten Erwerbs i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG beim Erben.
Rz. 275
Gemäß § 179 Abs. 1 AO i.V.m. § 151 Abs. 1 BewG sind durch Feststellungsbescheid gesondert festzustellen
Rz. 276
In all diesen Fällen kommt eine gesonderte Feststellung (bzw. einheitliche und gesonderte gemäß § 179 Abs. 2 AO bei Nr. 4 nur dann in Betracht, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung i.S.d. § 151 Abs. 1 BewG von Bedeutung sind.
Rz. 277
Nach § 151 Abs. 1 Satz 2 BewG trifft die Entscheidung über eine Bedeutung für die Besteuerung das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach Satz 1 Nr. 2 bis 4 zuständige Finanzamt. Mit Urteil vom 27.4.2022 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass das Erbschaftsteuerfinanzamt entscheidet, ob eine Wertfeststellung dem Grunde nach erforderlich ist.
Dem zur Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 BewG berufenen Finanzamt obliegt die Entscheidung über die Qualifikation des Feststellungsgegenstands nach den Kategorien des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG.