Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
A. Einleitung
Rz. 1
§ 184 BewG enthält die grundsätzlichen Bewertungsaussagen zum Ertragswertverfahren und legt die einzelnen Rechenschritte fest. Die Vorschrift ist durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 in das Bewertungsgesetz eingefügt worden.
Rz. 2
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 v. 16.12.2022 wurde § 184 BewG für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2022 in der aktuellen Fassung verabschiedet (§ 265 Abs. 14 BewG). Dabei wurde der bisherige § 184 Abs. 3 Satz 3 BewG gestrichen und ein neuer Abs. 4 eingefügt. Für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2022 ist somit der Wert der baulichen Außenanlagen und sonstigen Anlagen mit dem nach den Absätzen 1 bis 3 ermittelten Ertragswert nicht nur "regelmäßig", sondern stets abgegolten.
B. Gleich lautende Ländererlasse
Rz. 3
Die Finanzverwaltung hat die Bewertung des Grundvermögens zunächst mit gleich lautenden Erlassen vom 5.5.2009 – GV-Erlass vom 5.5.2009 – näher erläutert.
Rz. 4
Die Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 – ErbStR 2011 – vom 19.11.2011 haben den GV-Erlass vom 5.5.2009 abgelöst und anschließend in die Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 – ErbStR 2019 – vom 16.12.2019 eingeflossen. Zur Ergänzung der ErbStR 2019 geben die gleich lautenden Erlasse der Länder vom 16.12.2019 – ErbStH 2019 – entsprechende Hinweise und geben einen ausgewählten Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Erbschaft- und Schenkungsteuer und zum Bewertungsrecht wieder.
Rz. 5
AEBew JStG 2022 enthält in Rz. 15 und 16 die aktuellen – ergänzenden – Erläuterungen der Finanzverwaltung zu § 184 BewG.
Rz. 6– 7
Einstweilen frei.
C. Anwendung des Ertragswertverfahrens
Rz. 8
Das Ertragswertverfahren ist nach § 182 Abs. 3 BewG bei den folgenden Grundstücksarten anzuwenden:
- Mietwohngrundstücke,
- Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt.
Rz. 9
Damit wird deutlich, dass das Ertragswertverfahren bei Mietwohngrundstücken die einzige Bewertungsmethode des Bewertungsgesetzes darstellt. Dies erscheint aus praktischer Sicht auch durchaus sinnvoll, weil davon auszugehen ist, dass bei Mietwohngrundstücken entweder eine tatsächliche Miete vorliegt oder eine übliche Miete ermittelt werden kann.
Rz. 10
Allerdings ist die Grundstücksart Mietwohngrundstück auch bei solchen aufwendig gebauten Wohngrundstücken – ggf. mit Wohnungen für das Hauspersonal – maßgebend, bei denen die für die Grundstückart "Ein- und Zweifamilienhäuser" maßgebende Grenze von zwei Wohnungen überschritten wird. Das bedeutet, dass auch bei aufwendig gestalteten Gebäuden eine übliche Miete ermittelt werden muss, obwohl sich wegen der besonderen Gestaltung und Ausstattung eine solche kaum aus den örtlichen Mietspiegeln ableiten lässt. Die Ermittlung einer üblichen Miete ist in diesen Fällen in der Praxis nicht einfach und muss im Allgemeinen anhand einer sachgerechten Schätzung erfolgen.
Rz. 11
Hinsichtlich der Geschäftsgrundstücke und der gemischt genutzten Grundstücke ist die Bewertung im Ertragswertverfahren dagegen davon abhängig, dass auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermittelt werden kann. Somit setzt die Anwendung des Ertragswertverfahrens das Vorhandensein einer üblichen Miete voraus. Deshalb reicht es für die Maßgeblichkeit des Ertragswertverfahrens nicht aus, dass für das zu bewertende Grundstück eine tatsächliche Miete vorliegt. Vielmehr muss darüber hinaus in jedem Einzelfall die für das zu bewertende Grundstück maßgebende übliche Miete ermittelt werden. Kann eine übliche Miete nicht ermittelt werden, ist eine Bewertung im Ertragswertverfahren ausgeschlossen. Derartige Geschäftsgrundstücke oder gemischt genutzte Grundstücke sind in diesem Fall im Sachwertverfahren...