A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 1
§ 28 Abs. 1 ErbStG hat beim Erwerb von Produktivvermögen den Zweck, die Belastung durch die im Erbfall ungeplant entstandene Erbschaftsteuer abzumildern bzw. nach Abs. 3 die zwangsweise Veräußerung vermieteter Wohnimmobilien zur Begleichung der Erbschaftsteuer zu vermeiden.
Rz. 2
§ 28 Abs. 1 ErbStG wurde mit Wirkung zum 1.7.2016 neu gefasst, während die Änderungen in Abs. 3 nur redaktionelle Anpassungen enthalten. Weitere rein redaktionelle Änderungen der Absätze 1 und 3 erfolgten mit Wirkung ab 15.12.2018.
Die Stundungsregelung des § 28 Abs. 1 ErbStG ist in die Privilegierung von Betriebsvermögen wie folgt einbezogen: Während für Großerwerbe von über 26 Mio. EUR wahlweise der verringerte Verschonungsabschlag (Abschmelzungsmodell) nach § 13c ErbStG oder die Verschonungsbedarfsprüfung (Erlassmodell) nach § 28a ErbStG eingreift, besteht für kleinere und mittlere Unternehmen ("KMU") mit einem Wert von bis zu 26 Mio. EUR das Wahlrecht zwischen der Regelverschonung von 85 % (§ 13a Abs. 1) und dem Abzugsbetrag von 150.000 EUR (§ 13a Abs. 2) einerseits und der Optionsverschonung von 100 % nach § 13a Abs. 10 andererseits sowie darüber hinaus der zusätzlichen Stundungsvorschrift nach § 28 Abs. 1 ErbStG. Für die Stundung von Produktivvermögen kommt es nach neuer Rechtslage nicht mehr darauf an, ob die Stundung zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist.
Rz. 3
Die Stundung der Erbschaftsteuer nach Abs. 3 auf den Erwerb von Wohnimmobilien ist davon abhängig, ob der Erwerber die Steuer nur durch die Veräußerung dieses Vermögens aufbringen kann. Daraus folgt, dass kein Anspruch auf Stundung besteht, wenn der Erwerber die Schenkungs- bzw. Erbschaftsteuer entweder aus erworbenem weiteren Vermögen oder aus seinem eigenen Vermögen aufbringen kann.
Rz. 4
§ 28 ErbStG unterscheidet sich von den allgemeinen Stundungsvorschriften der AO insb. dadurch, dass der Steuerpflichtige bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch auf Stundung ("... ist ... zu stunden") hat.
Rz. 5
Einstweilen frei.
B. Erwerb begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 (Abs. 1)
I. Erwerb von Todes wegen
Rz. 6
Unter die Stundungsregelung des § 28 Abs. 1 ErbStG fallen nur Erwerbe von Todes wegen. Anders als im Schenkungsfall fällt die Erbschaftsteuer im Todesfall ungeplant an. Diese unerwartete Belastung soll durch die Vorschrift abgemildert werden. Auf das Verwandtschaftsverhältnis des Erwerbers zum Schenker oder Erblasser und die Steuerklasse kommt es nicht an.
II. Begünstigtes Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2
Rz. 7
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist die auf begünstigtes begünstigungsfähiges Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag zu stunden. Begünstigtes Vermögen ist das um das schädliche Verwaltungsvermögen gekürzte begünstigungsfähige Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 ErbStG. Danach sind inländisches oder in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat belegenes land- und forstwirtschaftliches Vermögen (Nr. 1), inländisches Betriebsvermögen (Nr. 2) und Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland von mehr als 25 % (Nr. 3) begünstigt.
Rz. 8
Begriff und Umfang des Betriebsvermögens bestimmen sich nach §§ 95 ff. BewG. Danach ist nicht nur die Übertragung gewerblicher und selbständiger Einzelunternehmen, sondern auch die Übertragung von Anteilen an Personengesellschaften begünstigt (zu Einzelheiten s. § 13b ErbStG Rz. 8 ff.).
Rz. 9
Land- und forstwirtschaftliches Vermögen ist solches i.S.d. §§ 140 ff. BewG; (zu Einzelheiten s. § 141 BewG und § 13b ErbStG Rz. 5 ff.).
Rz. 10
Von § 28 ErbStG werden auch Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 % erfasst, deren Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR liegt (zu Einzelheiten s. die Kommentierung zu § 13b Rz. 45 ff.).
Rz. 11– 19
Einstweilen frei.
III. Antrag
Rz. 20
Die Stundung nach § 28 Abs. 1 ErbStG erfolgt nur auf Antrag. Der Antrag kann und sollte zur Vermeidung vo...