A. Vorbemerkungen
I. Anlass und Ziel der Vorschrift
Rz. 1
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts – MoPeG – v. 10.8.2021 wurde das Recht der Personengesellschaften grundlegend reformiert. Anlass war die Tatsache, dass sich das durch §§ 705 ff. BGB a.F. gestaltete Regelungskonzept der Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR – als nicht rechtsfähige, sog. Gesamthandsgemeinschaft nach mehr als 100 Jahren überlebt hatte. Seit 1.1.2024 (Art. 137 MoPeG) unterscheidet man nun zwei Rechtsformvarianten (§ 705 Abs. 2 BGB):
- Die nicht rechtsfähige Gesellschaft regelt lediglich das interne Rechtsverhältnis der Gesellschafter (§ 705 Abs. 2 Alt. 2 BGB). Sie hat keine eigene Vermögenssphäre (§ 740 Abs. 1 BGB).
- Die rechtsfähige Gesellschaft nimmt am Rechtsverkehr teil, kann daher selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen (§ 705 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 BGB). Als Rechtssubjekt ist sie Träger ihres Gesellschaftsvermögens (§ 713 BGB).
Rz. 2
Gesellschaftsrechtlich hat das Gesamthandsprinzip "ausgedient". Konsequent ist das Gesellschaftsvermögen einer rechtsfähigen Personengesellschaft nicht mehr gemeinschaftliches, sog. Gesamthandsvermögen, der Gesellschafter (so noch § 718 Abs. 1 BGB a.F.), sondern gehört allein der Gesellschaft selbst (§ 713 BGB). Entsprechend gilt dies auch für die Personenhandels- und die Partnerschaftsgesellschaften (§§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB, § 1 Abs. 4 PartGG) sowie die als Handelsgesellschaft i.S.d. HGB geltende EWIV (§ 1 EWIV-AusfG), die bisher schon als rechtsfähige Personengesellschaften behandelt wurden (§ 14 Abs. 2 BGB i.V.m. § 124 HGB a.F. sowie § 7 Abs. 2 PartGG a.F.).
Rz. 3
Eventuelle steuerrechtliche Auswirkungen des MoPeG wurden im damaligen Gesetzgebungsverfahren nur beiläufig angesprochen. Speziell für das Ertragsteuerrecht sah man keinen Handlungsbedarf. Obwohl bekannt war, dass mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit und Vermögensfähigkeit die Erbfähigkeit rechtsfähiger Personengesellschaften zivilrechtlich zu akzeptieren ist, blendete man damit naheliegende Folgen für das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht völlig aus. Mit dem Wegfall des § 718 BGB a.F. löst sich jedoch die tragende Säule des Gesamthandsprinzips in Luft auf und damit das einzige Argument der seit dreißig Jahren dem II. BFH-Senat folgenden Praxis, anstelle einer an einem steuerbaren Erwerbsvorgang beteiligten Personengesellschaft ihre Gesellschafter als Erwerber und/oder Schenker zu behandeln.
Rz. 4
Gesetzgebungsverfahren: Initiiert erst im Sommer 2023 durch das BMF sollte durch Einfügung des § 2a in das ErbStG an dieser transparenten Besteuerung festgehalten werden. Zusammen mit der in Satz 1 in Bezug genommenen neuen Norm des § 14a AO und insb. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO n.F. wurde die Vorschrift zunächst in den Entwurf des geplanten Wachstumschancengesetzes eingebracht, der zahlreiche weitere steuerliche Änderungen enthielt. Das Vorhaben verzögerte sich jedoch. Fokussiert auf den 1.1.2024 nahm der Zeitdruck zu, so dass der Finanzausschuss einen Teil dieses Gesetzespakets am 13.12.2023 hastig umverpackte in das bereits am Folgetag vom Bundestag beschlossene Kreditzweitmarktförderungsgesetz – KrZwMG, dem der Bundesrat in seiner letzten Sitzung des Jahres am 15.12.2023 mehrheitlich zustimmte. Eingeschlossen waren u.a. auch § 2a ErbStG und die genannten AO-Vorschriften, die somit gerade noch rechtzeitig, "in letzter Minute", zustande kamen.
Rz. 5
Auf den ersten Blick wurde das avisierte Ziel erreicht: Die bisherige Praxis der erbschaft-/schenkungsteuerlichen Behandlung steuerbarer Erwerbsvorgänge bei Beteiligung rechtsfähiger Personengesellschaften wird beibehalten. Genauer betrachtet, fällt jedoch ins Auge, dass der II. BFH-Senat zuletzt schon nicht mehr am Gesamthandsprinzip festhielt, aber weiterhin, mit neuer Begründung, an der Steuerpflicht der Gesellschafter. Auf den zweiten Blick wirkt § 2a ErbStG wie ein Schuss über das Ziel hinaus. Rechtsprechungsdurchbrechend negiert das ErbStG mit dieser Vorschrift die Entwicklung des Wirtschaftslebens, der das MoPeG Rechnung trägt. Sie ist keineswegs eine bloße Anpassungsregelung, sondern trennt mit Satz 1 tatsächlich das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht vom Zivilrecht. Zugleich akzeptiert sie jedoch in den Sätzen 2 und 3 die gesellschaftsrechtliche Rechtsentwicklung, zementiert dann aber auf dieser Basis die persönliche Steuerpflicht der Gesellschafter anstelle der Gesellschaft (s. Rz. 25, 85). § 2a ErbStG bindet damit die Finanzbehörden und die Rechtsprechung in der Rechtsanwendung (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG) und wird so die gerade wiederbelebte Diskussion nicht abrupt beenden, sondern vielmehr neue Fragen provozieren, die kreativer Antworten bedürfen. Von der Beratungsbranche wird die Norm jedenfalls schon freudig begrüßt.
Rz. 6
Einstweilen frei.