Leitsatz
1. Zahlungen Dritter für die steuerbare Tätigkeit eines Vereins können Drittentgelt i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG sein, wenn der Verein die Mitgliedsbeiträge z.B. nicht kostendeckend festsetzt.
2. Vermögensverwaltung i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 14 Sätze 1 und 3 AO setzt eine nicht unternehmerische (nicht wirtschaftliche) Tätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 UStG (Art. 4 Abs. 1 und 2 der 6. EG-RL) voraus. Vermögensverwaltung ist danach z.B. das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen, nicht aber auch die entgeltliche Überlassung von Sportanlagen.
3. Sportanlagen können an Vereinsmitglieder aufgrund der Wettbewerbsklausel in § 65 Nr. 3 AO außerhalb eines Zweckbetriebs überlassen werden.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 22 Buchst. b, § 10 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, § 65 AO, Art. 2 Nr. 1, Art. 11 Teil A Abs. 1, Art. 12 Abs. 3 Buchst. a, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m, Anhang H Nr. 14 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein, der nach seiner Satzung den Radsport und die damit verbundene körperliche Ertüchtigung fördert. Neben Mitgliedsbeiträgen vereinnahmte der Kläger in den Streitjahren 2002 bis 2006 Pachterträge sowie Entgelte für die Durchführung von sportlichen Veranstaltungen und aus kommerzieller Werbung. Darüber hinaus erhielt er Zuschüsse von Dachverbänden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften sowie Spenden. Der Kläger beantragte, die unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerjahresbescheide für die Streitjahre zu ändern und die abziehbaren Vorsteuerbeträge zu erhöhen. Das FA stimmte dem zunächst zu, hob die geänderten Steuerfestsetzungen dann aber wieder auf. Das FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.5. 2012, 5 K 5347/09, Haufe-Index 3618862) gab der hiergegen eingelegten Klage demgegenüber statt.
Entscheidung
Auf die Revision des FA hob der BFH das Urteil der Vorinstanz auf und verwies die Sache zur erneuten Prüfung an das FG zurück.
Hinweis
1. Sportvereine können gegenüber ihren Mitgliedern steuerbare Leistungen erbringen. Dies kommt insbesondere in Bezug auf die Überlassung von Sportanlagen in Betracht. Die Vergütung durch Jahresbeiträge ist dann umsatzsteuerrechtlich ein Entgelt. Die Finanzverwaltung stellt demgegenüber weiter darauf ab, ob es bei "echten Mitgliederbeiträgen" allgemein an einem Leistungsaustausch fehlt (Abschn. 1.4 Abs. 1 Satz 1 des UStAE).
2. Die Überlassung von Sportanlagen ist nach nationalem Recht steuerpflichtig, da es sich um keine sportliche Veranstaltung i.S.d. Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG handelt. Eine Steuerbefreiung ergibt sich erst bei Berufung auf das Unionsrecht aus Art. 135 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL. Denn die Überlassung steht als Dienstleistung in einem engen Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung und wird von einer Einrichtung ohne Gewinnstreben gegenüber Personen erbracht, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben.
3. Macht ein Sportverein geltend, dass er steuerbare Leistungen erbringt, die nach nationalem Recht steuerpflichtig sind, kann der Verein den Vorsteuerabzug beanspruchen, Die sich aus der Richtlinie ergebende Steuerfreiheit kann im Hinblick auf den Wortlaut der nationalen Befreiungsvorschrift nicht bei der Auslegung des nationalen Rechts berücksichtigt werden. Eine unmittelbare Anwendung des Unionsrechts zulasten des den Vorsteuerabzug beanspruchenden Unternehmers ist nicht möglich.
4. Der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer muss dann aber auch seine Umsätze zutreffend versteuern. Dies gilt insbesondere für die Ermittlung von Entgelt und Steuersatz.
5. Zuschüsse können Entgelt Dritter i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG sein.
a)Voraussetzung ist, dass der Zuschuss dem Leistungsempfänger zugutekommt, der Zuschuss gerade für die Erbringung einer bestimmten Leistung gezahlt wird und mit der Verpflichtung der den Zuschuss gewährenden Stelle zur Zuschusszahlung das Recht des Zahlungsempfängers (Unternehmers) auf Auszahlung des Zuschusses einhergeht, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat.
Nicht zum Entgelt gehören Zahlungen des Dritten, wenn sie zur allgemeinen Förderung des leistenden Unternehmers und nicht überwiegend im Interesse des Leistungsempfängers für eine bestimmte Leistung bewirkt werden. An einem Leistungsaustausch kann es insbesondere dann fehlen, wenn die Zahlung aus öffentlichen Kassen lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen dient. Der Steuerbarkeit steht dabei nicht entgegen, dass eine Leistung im öffentlichen oder allgemeinen Interesse liegt. Entscheidend ist vielmehr, ob ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen Vorteil zieht, der Gegenstand eines Leistungsaustauschs sein kann.
b)Diese Grundsätze sind auch auf die Besteuerung von Vereinen anzuwenden. Subventioniert z.B. die öffentliche Hand Sportvereine, die steuerbare Leistungen gegenüber ihren Mitgliedern als individuelle Leist...