Leitsatz
Scheinrenditen, die einem Kapitalanleger aus der Beteiligung an einer betrügerischen Anlagegesellschaft zufließen, sind als Kapitalerträge einkommensteuerpflichtig. Entscheidend ist dafür, dass der Vertrag über die Kapitalanlage wirksam zu Stande gekommen ist und der Anleger davon ausgehen konnte, dass die gezahlten Beträge Entgelt für die Kapitalüberlassung darstellen sollten.
Sachverhalt
Die Kläger hatten in den Jahren 1990 und 1991 in mehreren Teilbeträgen Kapital im Rahmen von "Verwaltungsverträgen" einer Anlagegesellschaft überlassen. Im Jahr 1991 erhielten die Kläger Zahlungen, die als "Zinsen" deklariert waren. Nachdem entgegen der Versprechungen der Anlagegesellschaft keine weiteren Zahlungen erfolgten, kündigten die Kläger Ende 1991 die bestehenden Verträge und erstatteten Strafanzeige "wegen Kapitalverbrechen". Im Rahmen des anschließenden Konkurses der Anlagegesellschaft wurde den Klägern nur eine Quote von 3 % zugesprochen, wobei die bereits erhaltenen Zahlungen vom Konkursverwalter als Kapitalrückzahlung gewertet wurden. Das Finanzamt besteuerte die erhaltenen Zahlungen dessen ungeachtet als Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Entscheidung
Das FG wies die gegen die Besteuerung der Zahlungen als Kapitaleinkünfte gerichtete Klage als unbegründet zurück. Die mit der Anlagegesellschaft geschlossenen Verträge seien auf die Überlassung von Kapital gerichtet gewesen und wirksam zu Stande gekommen. Der Umstand, dass die Anlagegesellschaft von Anfang an nicht beabsichtigte, die Verträge einzuhalten, sei für die Kläger nicht erkennbar gewesen und ändere nichts an dem Umstand des Vorliegens übereinstimmender Willenserklärungen.
Die im Jahr 1991 geleisteten Zahlungen seien auch zweifelsfrei als Zinszahlungen zu qualifizieren. Sie seien ausdrücklich als Zinszahlungen geleistet und von den Klägern als solche entgegengenommen worden. Außerdem sei Inhalt der Verträge eine Kapitalüberlassung gewesen, wobei dahingestellt bleiben könne, ob es sich um Darlehensverträge, die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft oder um ein sonstiges Kapitalnutzungsverhältnis gehandelt habe. Am Zufluss der Kapitalerträge ändere auch nichts, dass es sich bei den zugeflossenen Beträgen offenbar um Scheinrenditen gehandelt habe.
Die abgeschlossenen Verträge seien auch nicht in Folge Anfechtung von Anfang an als nichtig anzusehen. Die Rechtshandlungen der Kläger beinhalteten eindeutig keine Anfechtungserklärungen, sondern waren als Kündigung bezeichnet und auch so zu werten. Die nun nach Jahren gegenüber dem Konkursverwalter erklärte Anfechtung könne daran nichts ändern, weil sie eindeutig außerhalb der nach § 124 BGB geregelten, einjährigen Anfechtungsfrist erfolgt sei.
Hinweis
Die Entscheidung des FG Sachsen-Anhalt folgt einem BFH-Urteil (BFH, Urteil v. 22.7.1997, VIII R 13/96, BStBl 1997 II S. 767). In der Rückschau sich als Scheinrenditen herausstellende Zahlungen sind Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn sie vom Anleger als solche auf Grund der abgeschlossenen Verträge und der Willensbekundungen angesehen werden. Anders sieht es wohl nur in den Fällen aus, in denen die zunächst abgeschlossenen Verträge form- und fristgerecht angefochten werden. Die eingehende Beschäftigung der Urteilsbegründung mit der Wirksamkeit der Anfechtung deutet darauf hin, dass die durch die Anfechtung eintretende Nichtigkeit der Verträge auch steuerrechtliche Auswirkung haben soll. In diesen Fällen dürften die Zahlungen folglich als Rückzahlung des Kapitals und damit als steuerneutral anzusehen sein.
Link zur Entscheidung
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14.01.2003, 2 K 133/99