Sachverhalt
Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des OLG Köln v. 4.8.2011, 8 U 7/11, ging es um den Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 135 Abs. 1 Buchst. l bzw. Art. 135 Abs. 2 Buchst. b MwStSystRL). Im Ausgangsverfahren war streitig, ob die Verpachtung eines ortsfesten Hausbootes umsatzsteuerfrei oder umsatzsteuerpflichtig ist. Die Klägerin hatte ein Hausboot für Gastronomiezwecke vermietet, das seit Jahren, ohne bewegt worden zu sein, fest vertäut an derselben Liegefläche liegt, über eine Landungsbrücke zu erreichen ist, über eine Strom- und Wasserversorgung verfügt, einen Abwasserkanal sowie einen Telefonanschluss und keinen Motor bzw. Eigenantrieb besitzt. Die Klägerin hatte die Vermietung als Grundstücksvermietung umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG behandelt. Das Finanzamt ging von der Umsatzsteuerpflicht aus. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG sei nicht anwendbar, weil das schwimmende Gastronomieboot kein Grundstück im Sinne dieser Vorschrift sei. Die Frage, ob ein Grundstück im Sinne des UStG vorliege, sei nach § 94 BGB zu beurteilen. Nach dieser Vorschrift gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude. Das Finanzamt kam zu dem Ergebnis, dass das Schiff kein Gebäude sei, da es als schwimmende Anlage weder mit dem Grund und Boden fest verbunden noch standfest sei.
Der EuGH musste prüfen, ob im vorliegenden Fall der Grundstücksbegriff erfüllt ist bzw. ob es für die Beurteilung auf die Art und Weise der Verbindung des Hausbootes mit dem Grund und Boden oder auf den mit der Lösung der Befestigungen des Bootes verbundenen Aufwand ankommt. Für den Fall, dass der Grundstücksbegriff zu bejahen ist, musste der EuGH prüfen, ob die Verpachtung des Hausbootes und der Steganlage einschließlich der dazu gehörigen Land- und Wasserflächen eine einheitliche steuerfreie Leistung darstellt oder ob ggf. zwischen der Vermietung des Hausbootes und der Steganlage umsatzsteuerrechtlich zu differenzieren ist.
Von der Steuerbefreiung für die Grundstücksvermietung ist nach Art. 135 Abs. 2 Buchst. b MwStSystRL und nach § 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 2 UStG die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen ausgenommen. Ohnehin steuerpflichtig mangels einer Steuerbefreiungsvorschrift ist die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände. Im vorliegenden Fall ging es somit auch um die Frage, ob eine insgesamt steuerfreie Grundstücksvermietung vorliegt oder eine steuerpflichtige Stellplatzvermietung bzw. eine steuerpflichtige Vermietung eines beweglichen körperlichen Gegenstands (hier eines Fahrzeugs).
Entscheidung
Der EuGH hat sich zwar der Bundesregierung angeschlossen, dass die Vermietung des Bootes nebst Steg und Wasserfläche ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang ist. Anders als von der Bundesregierung vorgetragen, dass der Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nicht die Vermietung eines Hausbootes, einschließlich der dazu gehörenden Liegefläche und Steganlage umfasse, hat der EuGH jedoch befunden, dass im vorliegenden Fall der Begriff der Vermietung eines Grundstücks erfüllt war. Hierbei hebt er entscheidend auf sein Urteil v. 16.1.2003, C-315/00 (Maierhofer) ab. Die Vorrichtungen zur Immobilisierung des Hausboots ließen sich nicht leicht entfernen, d. h. nicht ohne Aufwand und erhebliche Kosten. Der EuGH wiederholt, dass eine Konstruktion nicht untrennbar mit dem Boden verbunden sein, um für die Anwendung der mehrwertsteuerrechtlichen Vorschriften als Immobilie angesehen zu werden. So ist nach dem Urteil auch der vorliegende Fall des Hausbootes zu betrachten. Angesichts der Verbindung zwischen dem Hausboot und den Bestandteilen, die seinen Liegeplatz ausmachen, und mit Blick auf den Vertrag, in dem das Hausboot ausschließlich und auf Dauer zur Nutzung als Restaurant bzw. Diskothek an diesem Liegeplatz bestimmt wird, ist der Komplex, der aus dem Hausboot und den Bestandteilen gebildet wird, die den Liegeplatz ausmachen, wo es vertäut ist, für die Anwendung der in Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 135 Abs. 1 Buchst. l bzw. Art. 135 Abs. 2 Buchst. b MwStSystRL) vorgesehenen Befreiung als Grundstück anzusehen.
Nach den weiteren Entscheidungsgründen stellt das Hausboot kein Fahrzeug im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 2 der 6. EG-Richtlinie dar. Zwar ist nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH der Begriff "Fahrzeug" dahin auszulegen, dass er "alle Beförderungsmittel" einschließlich Boote umfasst. Dementsprechend handelt es sich um Mittel, die zur Beförderung von Personen oder Waren eingesetzt werden, d. h. um konkret für diese Funktion verwendete Mittel. Somit kommt es nach dem Urteil nicht auf die ursprüngliche Funktion des betreffenden Gegenstands an, sondern auf seine konkrete und gegenwärtige Funktion. Daran gemessen konnte das seit Jahren vertäute Boot, das nach dem Pachtvertrag auch nicht als Bef...