Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Zum 1.1.2020 wurden durch die sog. "Quick Fixes" unionseinheitlich die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung verschärft. Eine Steuerfreiheit kann danach nur vorliegen, wenn die Lieferung zutreffend in der Zusammenfassenden Meldung aufgenommen wurde. Nachdem die Finanzverwaltung in einer ersten Veröffentlichung eine sehr restriktive Umsetzung der Berichtigungsmöglichkeit vorgenommen hatte, werden die Möglichkeiten der Berichtigung einer unzutreffenden Zusammenfassenden Meldung jetzt erweitert.
Die rechtliche Problematik
Zum 1.1.2020 wurden durch die "Quick Fixes" sowohl die Voraussetzungen für die innergemeinschaftliche Lieferung in § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG erweitert als auch die zutreffende Anmeldung der Lieferung in der Zusammenfassenden Meldung nach § 18a UStG zur materiell-rechtlichen Voraussetzung für die Steuerbefreiung.
Durch die unionseinheitlich umgesetzten "Quick Fixes" wurde zum einen die zutreffende USt-IdNr. des Leistungsempfängers aus einem anderen Mitgliedstaat zur materiell-rechtlichen Voraussetzung für die Einordnung als innergemeinschaftliche Lieferung. Zum anderen wurde die zutreffende Meldung der Lieferung in der Zusammenfassenden Meldung zur materiell-rechtlichen Voraussetzung für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung.
Im Zusammenhang mit den zum 1.1.2020 in Kraft getretenen Änderungen hatte die Finanzverwaltung im Oktober 2020 Stellung genommen und u. a. in Abschn. 4.1.2 UStAE Hinweise zur Abgabe und Berichtigung einer Zusammenfassenden Meldung als Voraussetzung für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung veröffentlicht. Es wurden dabei teilweise sehr restriktive Vorgaben gemacht, die in einem eindeutigen Widerspruch zur Gesetzesbegründung standen.
Nach der im Oktober 2020 vertretenen Auffassung sollte auch die nicht fristgerechte Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (ohne Berichtigungsmöglichkeit) zum Ausschluss der Steuerbefreiung führen.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Die Finanzverwaltung präzisiert in Abschn. 4.1.2 UStAE die Feststellungen zu dem maßgeblichen Meldezeitraum, in dem eine innergemeinschaftliche Lieferung in der Zusammenfassenden Meldung angemeldet werden muss. Ausdrücklich wird festgestellt, dass sich die Meldeverpflichtung nach § 18a Abs. 8 UStG richtet, die Meldung also für den Meldezeitraum zu machen ist, in dem die Rechnung für die Lieferung ausgestellt wird, spätestens aber für den Meldezeitraum, in dem der auf die Ausführung der Lieferung folgende Monat endet.
Die Finanzverwaltung nimmt die nicht fristgerechte Abgabe der Zusammenfassenden Meldung aus der Aufzählung der Vorgänge heraus, die zum Ausschluss der Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung führen. Es wird jetzt vielmehr klargestellt, dass in den Fällen, in denen eine nicht fristgerecht abgegebene Zusammenfassende Meldung erstmalig für den betreffenden Meldezeitraum richtig und vollständig abgegeben wird, in diesem Zeitpunkt erstmals die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen und – soweit die weiteren Voraussetzungen vorliegen – die Steuerbefreiung zu gewähren ist.
Weiterhin stellt die Finanzverwaltung klar, dass die erstmalige Abgabe der Zusammenfassenden Meldung und auch die Berichtigung einer fehlerhaften Zusammenfassenden Meldung innerhalb der Festsetzungsfrist für die Steuerbefreiung Rückwirkung entfalten.
Unabhängig von der rückwirkenden Gewährung der Steuerbefreiung kann trotzdem ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden.
Konsequenzen für die Praxis
Es ist gut und richtig, dass die Finanzverwaltung im Zusammenhang mit den nicht fristgerecht abgegebenen Zusammenfassenden Meldungen ihre im Oktober 2020 veröffentlichte Rechtsauffassung revidiert, da diese im Widerspruch zur Gesetzesbegründung stand und auch fernab jeglicher praktischer Erfahrungen war.
Die Finanzverwaltung bleibt aber dabei, dass die Steuerfreiheit nach einer fehlerhaften, unvollständigen oder unterlassenen Meldung in der Zusammenfassenden Meldung nur dann wieder auflebt, wenn die Korrektur für den betreffenden Meldezeitraum erfolgt. Die "Nachmeldung" in einem späteren Meldezeitraum kann danach nicht zum Wiederaufleben der Steuerbefreiung führen. Dies ist vor dem Hintergrund des Regelungszwecks zu vertreten, da die zutreffende Meldung zur Umsetzung des innergemeinschaftlichen Kontrollverfahrens unerlässlich ist.
Die Feststellung, dass eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht oder nicht zutreffend in der Zusammenfassenden Meldung erfasst ist, kann immer nur nachträglich erfolgen, da regelmäßig die Zusammenfassende Meldung zu einem anderen Zeitpunkt abzugeben ist als die Voranmeldung. Deshalb ist – solange nicht festgestellt wurde, dass die Anmeldung fehlerhaft erfolgte – von einer Steuerbefreiung auszugehen. Die Berichtigung lässt dann die Steuerbefreiung wieder aufleben, wenn die Berichtigung inner...