Leitsatz
1. Ist eine Zuwendung von Todes wegen mit einer Auflage zugunsten eines bestimmten Zwecks verbunden, durch die die Bereicherung des Erwerbers gemindert wird, liegen zwei formal zu trennende steuerbare Vorgänge vor, nämlich zum einen ein Erwerb von Todes wegen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 und zum anderen eine Zweckzuwendung gem. § 8 des Gesetzes.
2. Eine Zuwendung kann auch dann nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 in der bis 1992 geltenden Fassung befreit sein, wenn nicht ein zugewendeter Vermögensstamm, sondern nur dessen Erträgnisse zu begünstigten Zwecken verwendet werden sollen.
3. Einer Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift steht es auch nicht entgegen, wenn die Erträgnisse aus dem zugewendeten Vermögensstamm nicht in vollem Umfang zu den begünstigten Zwecken verwendet werden, sondern in Höhe von 20 % der Verstärkung des Kapitalstammes dienen sollen.
Normenkette
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 i.d.F. bis zum StÄndG 1992 , § 8 ErbStG 1974 i.d.F. bis zum StÄndG 1992 , § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 i.d.F. bis zum StÄndG 1992
Sachverhalt
Der 1985 an seinem Wohnsitz in Deutschland verstorbene schwedische Erblasser hatte testamentarisch eine schwedische Stiftung mit Sitz in Schweden, die Klägerin, die als gemeinnützig anerkannt ist und der dortigen Stiftungsaufsicht unterliegt, als Erbin eingesetzt. Die Erbeinsetzung war unter der Auflage erfolgt, dass das Vermögen gesondert zu verwalten ist. Die jährlichen Erträge sollten zu 80 % zur Förderung des Stiftungszwecks sowie zu festgelegten Teilen zur Förderung von 11 Einzelzwecken verwendet werden, von denen 7 bereits vom Stiftungszweck umfasst und auch die übrigen 4 gemeinnützig waren. Die restlichen 20 % der Erträge sollten dem Kapital hinzugefügt werden.
Das FA ließ den Erwerb der Klägerin zu 80 % steuerfrei und unterwarf ihn nur in Höhe jener 20 % der Erbschaftsteuer. Demgegenüber war das FG der Ansicht, der Klägerin stehe die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG vollen Umfangs zu und hob den Steuerbescheid auf. Die Thesaurierung eines Teils der Erträge sei unschädlich. Dagegen wendete sich das FA mit der Revision.
Entscheidung
Der BFH bestätigt das FG nur im Ergebnis. Das FG hatte verkannt, dass nicht ein einziger Erwerbsvorgang vorliegt, sondern zwei Erwerbe vorliegen. Der angefochtene Steuerbescheid betraf aber nur den Erwerb von Todes wegen.
Bei der Ermittlung dieses klägerischen Erwerbs von Todes wegen ist zunächst zu beachten, dass die Auflagen, die den satzungsmäßigen Zwecken der Klägerin entsprechen, gem. § 10 Abs. 9 ErbStG nicht abzuziehen sind. Dazu gehören auch jene 7 Einzelzwecke. Insoweit kommt nämlich die Auflage der Klägerin selbst zugute.
Nur soweit die Klägerin verpflichtet ist, die Erträge für satzungsfremde Zwecke zu verwenden, ist ein Abzug vorzunehmen (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG). In Höhe dieser entreichernden Auflage liegt zugleich eine Zweckzuwendung vor, die zwar durch den gleichen Lebenssachverhalt verwirklicht worden ist, aber materiell-rechtlich einen selbstständigen Steuertatbestand bildet und auch formell getrennt zu behandeln ist.
Der erste Steuertatbestand – nämlich der Erwerb von Todes wegen – ist in vollem Umfang gem. § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG steuerfrei. Dabei ist unschädlich,
- dass die Klägerin eine ausländische gemeinnützige Einrichtung ist und eine Gegenseitigkeit nicht festgestellt ist,
- dass sowohl satzungseigene als auch satzungsfremde Zwecke begünstigt sind,
- dass nicht der Vermögensstamm für diese Zwecke verwendet werden soll, sondern nur die Erträge, und
- dass 20 % der Erträge thesauriert werden müssen (Rechtsgedanke aus § 58 Nr. 7 Buchst. a AO).
Hinweis
Die im Streitfall vertretene Auslegung des § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG durch den BFH bedeutet keine Aushebelung der ab 1993 geltenden Nr. 16 Buchst. c der Vorschrift, wonach u.a. Zuwendungen an ausländische, gemeinnützige Stiftungen nur bei Gegenseitigkeit befreit sind. Dieser Befreiungstatbestand behält seine Bedeutung für die Fälle, bei denen zwar die Gemeinnützigkeit der empfangenden Einrichtung wie hier der Stiftung feststeht; darüber hinaus aber nicht gesichert ist, dass die Verwendung tatsächlich zu dem begünstigten Zweck erfolgt. In diesen Fällen muss zusätzlich das Erfordernis der Gegenseitigkeit erfüllt sein.
Der bloße Gemeinnützigkeitsstatus reicht noch nicht aus anzunehmen, die Verwendung zu dem begünstigten Zweck sei gesichert. Hinzukommen muss beispielsweise, dass die Einhaltung der Gemeinnützigkeit einer Aufsicht unterliegt und dass bei einer Auflösung der Einrichtung das Vermögen einem gemeinnützigen Zweck zugeführt wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.1.2002, II R 82/99