Im Jahr 2023 haben in Deutschland 17.814 Unternehmen Insolvenz angemeldet – rd. 3.200 (+ 22,1 %) mehr als in 2022. Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) im Oktober 2024 um 22,9 % gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Mit Ausnahme des Juni 2024 (+ 6,3 %) liegt die Zuwachsrate damit seit Juni 2023 im zweistelligen Bereich.
Hohe Energiepreise, aber auch die gestiegenen Zinsen und Lieferengpässe sind u. a. Ursachen für Unternehmensinsolvenzen.
Steuerberater müssen also auch immer häufiger Mandanten beraten, die sich in einer wirtschaftlichen Schieflage befinden bzw. in eine solche geraten.
Als Berater von Schuldnern, insbesondere von Kapitalgesellschaften, sind sie zahlreichen Rechtsrisiken ausgesetzt. Das Geschäftsfeld eines Krisen- und Insolvenzberaters lockt zwar wegen der Vergütung. Es muss aber beachtet werden, dass die steuerliche und betriebswirtschaftliche Beratung im Vordergrund steht und Rechtsberatung nur in dem Umfang erteilt werden darf, in der sie für die zulässige Beratung unerlässlich ist.
Eine rechtzeitige Insolvenz kann durchaus auch die Chance für eine weitere unternehmerische Tätigkeit sein. Bereits bei der Unternehmensgründung sollte der Berater das Risiko einer Insolvenz im Auge haben. Dann kann er das private Vermögen des künftigen Unternehmers in den meisten Fällen – auf legale Weise – vor dem Zugriff der Gläubiger schützen.
Der Hinweis auf die besonderen Pflichten des GmbH-Geschäftsführers in der Krise unterbleibt oft bzw. letzterer kennt seine Pflichten überhaupt nicht. Die Rechtsprechung zu den Beratungspflichten des Steuerberaters und ähnlicher Berufe gegenüber dem GmbH-Geschäftsführer ist in den letzten Jahren verschärft worden und seit dem 1.1.2021 in § 102 StaRUG gesetzlich geregelt. Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater ist verpflichtet zu prüfen, ob sich auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm sonst bekannten Umstände tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten ergeben, die einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können. Hingegen ist er nicht verpflichtet, von sich aus eine Fortführungsprognose zu erstellen und die hierfür erheblichen Tatsachen zu ermitteln. Eine Haftung des Steuerberaters setzt voraus, dass der Jahresabschluss angesichts einer bestehenden Insolvenzreife der Gesellschaft objektiv zu Unrecht von Fortführungswerten ausgeht. Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater muss die Mandantin auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht ihres Geschäftsführers hinweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist.
Auch wenn der erstellte Jahresabschluss mangelfrei ist, können weitergehende Hinweispflichten des Steuerberaters auf eine mögliche Insolvenzreife einer GmbH bestehen. Das kann auch der Fall sein, wenn der Steuerberater kein Mandat zur Insolvenzberatung hatte und er nur für die Erstellung des Jahresabschlusses beauftragt war. Hinweis- und Warnpflichten für den Berater bestehen, wenn dieser einen Insolvenzgrund erkennt oder ernsthafte Anhaltspunkte für einen Insolvenzgrund offenkundig sind und er davon ausgehen muss, dass sich die GmbH bzw. deren Geschäftsführer der möglichen Insolvenzreife nicht bewusst ist. Der Steuerberater muss mit seinem Hinweis eine eigene Prüfung durch die Mandantschaft anstoßen. Zu weitergehenden Prüfungen ist er ohne Beauftragung nicht verpflichtet.
Tritt der Steuerberater bei einem rein steuerrechtlichen Mandat in konkrete Erörterungen über eine etwaige Insolvenzreife der von ihm beratenen Gesellschaft ein, ohne die Frage nach dem Insolvenzgrund zu beantworten, hat er das Vertretungsorgan darauf hinzuweisen, dass eine verbindliche Klärung nur erreicht werden kann, indem ihm oder einem fachlich geeigneten Dritten ein entsprechender Prüfauftrag erteilt wird.
Erklärt der vertraglich lediglich mit der Erstellung der Steuerbilanz betraute Steuerberater, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorliege, haftet er der Gesellschaft wegen der Folgen der dadurch bedingten verspäteten Insolvenzantragstellung. Das LG Düsseldorf ist der Auffassung, dass die Grundsätze über die Bilanzierung nach Fortführungswerten, die der BGH in seinem Urteil v. 26.1.2017 für Steuerberater aufgestellt hat, als Mindestvoraussetzungen auch auf die Tätigkeit des Abschlussprüfers zu übertragen sind. Was für die Steuerberater gilt, gilt für den Abschlussprüfer umso mehr, weil er gem. § 322 Abs. 2 HGB im Bestätigungsvermerk sogar auf Risiken für den Fortbestand des Unternehmens eingehen muss.
Ein Steuerberater, der mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragt ist, muss einen Vermögensstatus im Sinne einer Überschuldungsbilanz nur auf gesonderten Auftrag erstellen. Kraft seines überlegenen ...