Prof. Dr. Claudia Ossola-Haring, Christian Michel
Ein Steuerberater ist Angehöriger eines freien Berufs. Natürlich ist er den Gesetzen verpflichtet, aber er ist kein "Finanzamtsangestellter". Der Mandant ist der Auftraggeber und dessen Interessen muss der Steuerberater vertreten.
Gute Berater vertreten die Sache des Mandanten, nicht die des Finanzamts
Man sollte nicht glauben, es sei ein gutes Zeichen, wenn ein Berater keine Meinungsverschiedenheiten mit dem Finanzamt hat. Im Gegenteil: Ein engagierter Berater muss einmal anderer Meinung sein können als der Finanzbeamte. In solchen Fällen "kuscht" ein guter Berater nicht auf Kosten seines Mandanten, sondern ficht den Strauß aus – mit Einverständnis des Mandanten auch vor den Finanzgerichten.
Aufgrund seiner besonderen Sachkunde erlegt die Rechtsprechung einem Steuerberater ein besonders hohes Maß an Pflichten auf:
- Der Berater muss seinem Mandanten Lösungswege aufzeigen, an die der Mandant als Laie vorher nicht gedacht haben kann und die dem Mandanten helfen, Steuern zu sparen.
- Der Steuerberater muss die Grenzen seines Auftrags möglichst ausschöpfen und dabei den für den Auftraggeber sichersten Weg gehen.
- Darüber hinaus muss der Berater seinen Mandanten, auch wenn dieser ihn nicht konkret danach fragt, über Probleme aufklären, die auftauchen, während er den Auftrag erfüllen will.
Der Berater ist stets auf die Unterlagen angewiesen, die sein Mandant ihm zur Verfügung stellt. Ohne entsprechenden Auftrag ist er nicht verpflichtet, diese Unterlagen auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen. Dem Vorwurf, nicht sorgfältig genug gehandelt zu haben, setzt er sich aber dann aus, wenn er nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen in der Lage gewesen wäre, offensichtliche Unrichtigkeiten zu überprüfen – und dies grob fahrlässig unterlassen hat.
Nicht nur das Finanzamt, sondern auch die Banken sind dem Berater auf den Fersen, wenn sie die von ihm erstellte oder auf Plausibilität überprüfte Bilanz als Kredit-Unterlage verwenden. Auch hier sind die Gefahrenpunkte eindeutig:
- Bewertung des Warenbestands
- Forderungsausweis
- angebliche Sonderabschreibungen
Wenn ein Steuerberater schuldhaft einen Beratungsfehler begangen hat, haftet er. Ob er aber dagegen verstoßen hat, hängt wiederum ganz klar und eindeutig von dem Beratungsauftrag ab, den der Mandant dem Berater erteilt hat. Wenn ein Auftrag an den Steuerberater klar formuliert ist, kann ein Geschäftsführer darauf hinweisen, was laut Vertrag Steuerberater-Angelegenheit ist. Macht der Steuerberater hier einen Fehler, haftet er.
Weil auch dem gewissenhaftesten Berater ein Fehler, wie z. B. eine Fristversäumnis, unterlaufen kann, sind alle Steuerberater von Gesetzes wegen verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, letztlich zugunsten ihrer Mandanten. So soll vermieden werden, dass der Steuerzahler auf einem Schaden sitzen bleibt, den er gar nicht zu verantworten hat.