1. Bereitschaftsdienst
Ist ein Bereitschaftsdienst am Arbeitsplatz abzuleisten, ist die gesamte Dauer des abgeleisteten Bereitschaftsdienstes als tatsächlich geleistete Arbeit i.S.d. § 3b Abs. 1 EStG zu werten – selbst, wenn die Bereitschaftsdienstzeit aufgrund von zwischen den Vertragsparteien getroffenen Regelungen nicht vollumfänglich als Arbeitszeit bewertet wird. Diese Rechtsauffassung wird nach Auffassung des FG Niedersachsen auch durch die Rechtsprechung des EuGH gestützt.
Lösung des FG Niedersachsen: Der Grundlohn nach § 3b Abs. 2 S. 1 EStG bemisst sich in diesem Fall nach dem regulären, vertraglich vereinbarten – auf eine Stunde umgerechneten – Arbeitslohn und nicht nach dem geringeren Stundenlohn, der sich aus der Umrechnung des regulären Stundenlohns auf die tatsächlich als Arbeitszeit vergütete Bereitschaftsdienstzeit ergibt.
Offene Rechtsfrage: Die vorstehende Rechtsauffassung steht aber nicht im Einklang mit der Verwaltungsauffassung. Der BFH muss daher klären: Ist Maßstab für die Berechnung der in § 3b Abs. 1 Nr. 1-4 EStG genannten prozentualen Höchstgrenzen bei Bereitschaftsdienst an Sonn- und Feiertagen oder zur Nachtzeit
- das für den bei Anwesenheit am Arbeitsplatz für geleisteten Bereitschaftsdienst gezahlte Entgelt oder
- der sonst maßgebende Grundlohn?
Beraterhinweis Hierzu ist unter dem Az.: VI R 1/22 eine Revision beim BFH anhängig.
2. Berechnung des Grundlohns
Einen weiteren strittigen Punkt bildet die Frage nach der Berechnung des Grundlohns nach § 3b Abs. 2 S. 1 EStG. So ist z.B. auch noch offen, ob der Grundlohn Beiträge des Arbeitgebers an eine zugunsten der Arbeitnehmer eingerichtete Unterstützungskasse umfasst, wenn kein Rechtsanspruch auf Versorgung gegen die Kasse entsteht.
Lösung des FG Baden-Württemberg: Das FG Baden-Württemberg vertritt dazu die Rechtsauffassung, dass der Begriff des "laufenden Arbeitslohns" in § 3b Abs. 2 EStG sich nicht nach dem arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitsentgelt, sondern nach dem einkommensteuerrechtlich entscheidenden, tatsächlich zugeflossenen Entgelt richtet. Beiträge des Arbeitgebers an eine zugunsten der Arbeitnehmer errichtete Unterstützungskasse, die den Arbeitnehmern keinen Rechtsanspruch auf Versorgung gegen die Versorgungseinrichtung einräumt, stellen nach Auffassung des FG mangels Zuflusses keinen laufenden Arbeitslohn der jeweiligen Arbeitnehmer i.S.d. § 3b Abs. 2 EStG dar. Beachten Sie: Nur in Fällen, in denen der Arbeitnehmer durch Beitragsleistungen in eine betriebliche Altersversorgung einen unbedingten und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen die Versorgungseinrichtung erwirbt, kann nach Auffassung des FG bereits mit der Beitragszahlung eine Bereicherung des Arbeitnehmers im Sinne einer Vermögensmehrung angenommen werden – und dementsprechend auch ein Zufluss von Arbeitslohn.
Beraterhinweis Auch hierzu ist eine Revision beim BFH anhängig (Az. beim BFH: VI R 11/21).