Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
Der Anteil am Sanierungsgewinn führte unter der Geltung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. zu einem steuerfreien Ausgleich des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten. Der im Zeitpunkt der Sanierung bestehende verrechenbare Verlust i.S.d. § 15a Abs. 4 EStG blieb in der bisherigen Höhe bestehen. Sofern er nicht durch spätere Gewinne aufgezehrt wurde, war er beim Ausscheiden des Kommanditisten aus der KG in der Höhe des Sanierungsgewinns in einen ausgleichsfähigen Verlust umzuqualifizieren.
Normenkette
§ 3 Nr. 66 EStG a.F. , § 15a EStG
Sachverhalt
Die Klägerin war Kommanditistin einer GmbH & Co. KG gewesen, die nach erheblichen Verlusten saniert werden musste. Ein neuer Kapitalgeber war im Streitjahr 1989 zum Erwerb des Kommanditanteils der Klägerin zu einem symbolischen Kaufpreis von 1 DM und anschließender Einlage neuen Kapitals nur bereit, wenn sämtliche Gläubiger der KG zuvor auf erhebliche Teile ihrer Forderungen verzichteten.
Die Klägerin hatte aus Vorjahren verrechenbare Verluste i.S.d. § 15a EStG, die ihrem negativen Kapitalkonto entsprachen. Das FA behandelte den bis zur Veräußerung des Kommanditanteils angefallenen laufenden Verlust einschließlich ausländischer, aber im Inland nach DBA steuerfreier Verluste ebenfalls als nur verrechenbar und verrechnete den Veräußerungsgewinn aus dem Wegfall des um einen Sanierungsgewinn geminderten negativen Kapitalkontos mit den vorgetragenen verrechenbaren Verlusten. Die verbleibenden Verluste der Klägerin stellte das FA weiter als verrechenbar fest.
Entscheidung
Nach erfolgloser Klage vor dem FG gab der BFH der Revision der Klägerin – nach Reduzierung des Antrags aus hier nicht bedeutsamen Gründen – statt. Der Sanierungsgewinn sei den Altgesellschaftern zuzurechnen und habe die Voraussetzungen des § 3 Nr. 66 a.F. EStG erfüllt. Die verbleibenden inländischen Verluste seien als ausgleichsfähig zu behandeln, damit die Klägerin den steuerlichen Vorteil aus der Steuerfreiheit ausnutzen könne. Die ausländischen Verluste müssten ausgleichsfähig sein, weil nur für ausgleichsfähige Verluste der negative Progressionsvorbehalt in Anspruch genommen werden könne.
Hinweis
1. Der Fall betrifft eine heute bereits überholte Rechtslage, nämlich die Behandlung des steuerfreien Sanierungsgewinns eines Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto. In der Praxis wird eine solche Sachverhaltskonstellation durchaus auch jetzt nicht selten anzutreffen sein. Aber ein Sanierungsgewinn ist seit Abschaffung des alten § 3 Nr. 66 EStG für nach dem 1.1.1998 ablaufende Wj. nicht mehr steuerfrei.
2. Typischerweise hat der Kommanditist einer sanierungsbedürftigen KG ein negatives Kapitalkonto. Die Sanierung in Form von Forderungsverzichten durch Gesellschaftsgläubiger führt zu einem Gewinn, dessen auf den Kommanditisten entfallender Anteil auch das negative Kapitalkonto ausgleicht. Einkommensteuer hat der Kommanditist trotz Wegfall der Steuerbefreiung für den Sanierungsgewinn auch heutzutage nicht zu entrichten. Denn die Verluste, die zu seinem negativen Kapitalkonto geführt haben, konnte er nach § 15a EStG nicht ausgleichen; sie stehen als verrechenbare Verluste i.S.d. § 15a Abs. 4 EStG nun zur Verrechnung mit dem Sanierungsgewinn zur Verfügung.
3. Da der Streitfall aber ein Jahr betraf, in dem die Steuerbefreiung noch galt, durfte eine Verrechnung mit den vorgetragenen Verlusten nicht stattfinden, denn das hätte faktisch den Wegfall der Steuerbefreiung bewirkt. Schon für die Zeit vor Geltung des § 15a EStG hatte der BFH deshalb entschieden, dass das negative Kapitalkonto des Kommanditisten durch einen Sanierungsgewinn steuerfrei aufgefüllt werde (Urteil vom 18.4.1996, IV R 48/95, BStBl II 1996, 574). Für die Zeit seit Geltung des § 15a EStG muss konsequenterweise eine Verrechnung mit den früheren verrechenbaren Verlusten unterbleiben.
Im Besprechungsfall hätte das dem Kommanditisten allerdings nichts genutzt, denn infolge des Ausscheidens aus der KG konnte er mit Ausnahme des Veräußerungsgewinns keine Gewinne mehr erzielen, mit denen die verrechenbaren Verluste hätten kompensiert werden können. Von der Steuerfreiheit konnte der Kommanditist also nur profitieren, wenn in Höhe des Sanierungsgewinns verrechenbare Verluste in ausgleichsfähige Verluste "umgepolt" werden. Tatsächlich hat sich der BFH auch noch zu diesem weiteren Schritt entschlossen, allerdings nur für den – hier gegebenen – Fall, dass infolge des Ausscheidens des Kommanditisten künftige Gewinnanteile nicht mehr entstehen können.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.5.2002, IV R 58/00