Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Leitsatz
Nachtarbeitszuschläge können auch bei mündlich geschlossenen Arbeitsverträgen als neben dem Grundlohn vereinbart angesehen werden. Als Nachweis können individuelle Arbeitszeitkonten herangezogen werden.
Sachverhalt
Zwei Arbeitnehmer einer Bäckerei wurden nach Abschluss der Lehre aufgrund mündlich geschlossener Arbeitsverträge als Gesellen weiter beschäftigt. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug in den Streitjahren 38,5 Stunden, wobei dienstags bis donnerstags täglich von nachts halb eins bis morgens um halb neun zu arbeiten war, freitags morgens bis halb sieben und in der Nacht von Freitag auf Samstag von 22.00 Uhr bis 06.30 Uhr. Neben einem Grundgehalt wurden für die Nachtarbeit Zuschläge gezahlt, die auf den Gehaltsabrechnungen separat ausgewiesen und steuerfrei belassen worden waren. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die gezahlten Zuschläge für Nachtarbeit könnten nicht steuerfrei belassen werden, da sie in einer einheitlich vereinbarten Vergütung enthalten gewesen seien. Sie seien in gleichen monatlichen Beträgen ausbezahlt worden. Außerdem sei keine jährliche Einzelabrechnung nach tatsächlich geleisteten Stunden vorgenommen worden.
Entscheidung
Das Finanzgericht sah die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Nachtarbeitszuschläge als gegeben an. Das Finanzgericht geht davon aus, dass die Nachtarbeitszuschläge aufgrund mündlicher Arbeitsverträge gesondert neben dem Grundlohn vereinbart wurden. Die Gehaltsabrechnungen wiesen die monatlich gezahlten Zuschläge stets gesondert aus. Aufgrund der arbeitsvertraglichen Regelungen stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass auf jeden Fall - abgesehen von Urlaubs- und Krankheitstagen - immer Nachtarbeit in einem bestimmten täglichen, wöchentlichen und monatlichen Umfang anfiel. Dabei waren die gezahlten Nachtarbeitszuschläge lediglich so bemessen, dass sie - unter Einbeziehung aller Unwägbarkeiten (= Fehlzeiten durch Krankheit oder Urlaub) - auf jeden Fall tatsächlich erbrachte Nachtarbeit abdeckten.
Hinweis
Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, sind steuerfrei, soweit sie bestimmte Prozentsätze des Grundlohns nicht übersteigen. Entscheidend ist, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn gezahlt werden. Sie dürfen nicht lediglich Teil des insgesamt vereinbarten Lohns sein. Neben der gesonderten Vereinbarung der Zuschläge ist Voraussetzung für die Steuerbefreiung, dass die Zuschläge für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt werden. Die tatsächliche Arbeitsleistung muss konkret nachgewiesen werden. Für den Nachweis ist in der Regel erforderlich, dass über die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung in den Nachtstunden Einzelaufzeichnungen geführt werden. Pauschal gezahlte Zuschläge können dann steuerfrei belassen werden, wenn und soweit sie als bloße Abschlagszahlungen oder Vorschüsse auf später einzeln abzurechnende Zuschläge geleistet werden. Soweit ein Zuschlag für eine bestimmte Anzahl von Stunden vereinbart wird, muss der Nachweis, dass diese Stunden zu den begünstigten Zeiten geleistet wurden, jedoch nicht zwingend durch eine Abrechnung zum Jahresende erfolgen. Er kann auch durch andere Beweismittel erbracht werden. Im Urteilsfall waren die gezahlten Zuschläge von vornherein so bemessen worden, dass sie auch unter Einbeziehung längerer Fehlzeiten auf jeden Fall tatsächlich erbrachte Nachtarbeit abdeckten. Dies reichte dem Finanzgericht für die Steuerfreiheit aus.
Bei der Anwendung der Urteilsgrundsätze ist Vorsicht geboten. Die Entscheidung betrifft einen Grenzfall. In ähnlich gelagerten Fällen hat der BFH den Nachweis tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung anhand von Modellrechnungen bisher stets abgelehnt. Gegen das Urteil wurde Revision beim BFH eingelegt (Az. VI R 16/08). Es bleibt somit abzuwarten, ob der BFH der Auffassung des Finanzgerichts folgen wird.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 13.03.2008, 3 K 4804/05 L