Entsprechend den bislang herausgearbeiteten Ergebnissen ist eindeutig festgestellt worden, dass das "Ob" zur Offenbarung wegen § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO gesetzlich eröffnet ist. Die Steuerfahndung kann in ihrer durchzuführenden Ermittlungstätigkeit äußerlich wahrnehmbare Kennzeichnungen einsetzen. Aufgrund weiterführender Überlegungen stellt sich die Rechtsfrage, ob es durch die Steuerfahndung grundsätzlich auch eine (umfassende) Obliegenheit zur Offenbarung gibt.
Transparenzgebot: In diesem Kontext ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich die polizeiliche Tätigkeit im Gegensatz zur Ermittlung von Verfassungsschutzbehörden offen und nachvollziehbar ausgestaltet ist. Sie ist durch ein Transparenzgebot geprägt; der Bürger muss erkennen können, welche Ermittlungsbehörde die Maßnahme durchführt. Auch wenn zunächst (Vor)Ermittlungen im Hintergrund stattfinden können, sind spätestens die Durchsuchungsmaßnahmen als offene strafprozessuale Maßnahme durchzuführen (vgl. BVerfG v. 24.4.2013 – 1 BvR 1215/07 Rz. 121). Eine Geheimpolizei, eine geheime Tätigkeit der Polizei oder eine verschleiernde Tätigkeit der Polizei während einer Durchsuchungsmaßnahme ist rechtsstaatlich nicht vorgesehen (vgl. BVerfG v. 24.4.2013 – 1 BvR 1215/07 Rz. 122); sie hat vielmehr offen, nachvollziehbar und transparent auch für Außenstehende zu agieren. Die Polizei hat sich insofern als Durchsuchungsbeamte zu erkennen zu geben (vgl. BGH v. 2.11.2011 – 2 StR 375/11 Rz. 19). Dieses Offenbaren ist grundsätzlich von Beginn an und während der gesamten Maßnahme vollumfänglich zu gewährleisten. Dazu gehört es, dass die Durchsuchungsbeamten als in ihrer hoheitlichen Tätigkeit allgemein erkennbar sind (vgl. Feindt/Rettke, DStR 2019, 1252, 1253). Aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben sind zuvorderst die Durchsuchungsmaßnahmen gegenüber den betroffenen Personen aus §§ 102,103, 105, 106 StPO offen und leicht erkennbar anzuzeigen.
Beraterhinweis Eine hoheitliche Tätigkeit darf insoweit nur dann verschleiert und geheim erfolgen, wenn dies ausdrücklich durch richterlichen Beschluss aufgrund bestehender Rechtsvorschriften angeordnet ist (BVerfG 2.3.2010 – 1 BvR 256/08 Rz. 243).
Neben diesen klaren und uneingeschränkten Maßgaben ist zudem auch der vorbeugende gesundheitliche Grundrechtsschutz von Durchsuchungsbeamten, von der Durchsuchung Betroffener sowie unbeteiligter Dritter in die Abwägung einzubeziehen. Die vorzunehmende Offenbarung soll helfen, bei staatlichem Handeln eine Überreaktion unmittelbar und/oder mittelbar betroffener Personen zu verhindern (vgl. BGH v. 2.11.2011 – 2 StR 375/11 Rz. 19) und hierdurch eine Gefahr für die Durchsuchungsbeamten auszuschließen oder zu vermindern.
Beachten Sie: Insoweit kann grundsätzlich das durch § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO eingeräumte Recht auf Offenbarung im konkreten Einzelfall auch zur Obliegenheit einer Offenbarung seitens der Steuerfahndung erstarken.
Beraterhinweis Die Obliegenheit der Steuerfahndung impliziert eine verfassungskonforme, ermessensgerechte Verpflichtung zur Offenbarung ihrer staatlichen Funktion während der gesamten Durchsuchungsmaßnahme.