Im ersten Teil des Beitrags (Wenzel, AO-StB 2023, 185) wurde ausführlich herausgearbeitet, dass das Steuergeheimnis wegen § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO nicht der Offenbarung der Tätigkeit als Steuerfahndung entgegensteht. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist im Rahmen der Konkordanz mit der verfassungsrechtlichen effektiven Strafrechtsverfolgung und ggf. mit der körperlichen Integrität in Einklang zu bringen. Die effektive Strafrechtsverfolgung ist insoweit leicht dominierend gegenüber dem informationellen Selbstbestimmungsrecht. Der körperliche Schutz von Menschen steht demgegenüber auf höherer Stufe. Der Dienstherr hat bei hoheitlichen Maßnahmen die körperliche Integrität Dritter zu schützen. Auch die körperliche Unversehrtheit von seinen Durchsuchungsbeamten hat er zu sichern. Es sind strukturell vorsorgliche Maßnahmen zu ergreifen, mit denen potentiell vorhersehbare Ereignisse verhindert, zumindest aber abgemildert werden können; dies gilt im Übrigen auch für die Durchsuchungsbeamten.
Die Durchsuchungsmaßnahme ist verfassungsrechtlich als offene, klar erkennbare Maßnahme durchzuführen. Die Durchsuchungsbeamten haben sich demnach bereits bei Beginn der Durchsuchungsmaßnahme klar und unmissverständlich auszuweisen. Die offen sichtbare Bezeichnung der Durchsuchungsbeamten hat die ihr vom Gesetz zugeordnete Funktion wiederzugeben; dies ergibt sich bei der Steuerfahndung aus §§ 404 AO, 152 GVG. Sie kann sich entweder als "Ermittlungsbeamte der Staatsanwaltschaft", besser als "Steuerfahndung" zu erkennen geben. Eine Obliegenheit zur Offenbarung liegt immer dann vor, wenn die körperliche Integrität von unbeteiligten Dritten, den von der Durchsuchung Betroffenen oder den Durchsuchungsbeamten tangiert ist. Eine ermessensgerechte Offenbarung ist immer in den Fallkonstellationen zulässig, in denen die verfassungsrechtlich gebotene Durchsetzung der strafrechtlichen Sanktionierung dies erfordert. Eine Offenbarung hat dann zu unterbleiben, wenn weder die körperliche Integrität noch die strafrechtliche Sanktionierung beeinträchtigt werden.
Die Entscheidung zur Offenbarung ist im Vorfeld der Maßnahme zu treffen. Es ist eine Prognose anzustellen, bei der die Anforderungen entsprechend der Eingriffsintensität bezüglich der widerstreitenden Verfassungsrechte auszurichten sind. Als probates Mittel der Offenbarung können Kennzeichnungen auf der schusssicheren Weste, Armbinden oder Warnwesten dienen. Präferiert wird eine bundeseinheitliche Dienstjacke, die äußerlich und funktional mit der Jacke des amerikanischen FBI vergleichbar ist. Die Ergebnisse sind zudem auf die Strafsachen- und Bußgeldstelle übertragbar.
Service: Wenzel, Steuergeheimnis und offenkundiges Auftreten der Steuerfahndung (Teil 1), AO-StB 2023, 185; Wenzel, Steuergeheimnis bei der Nutzung von öffentlich zugänglichen Daten, insbesondere Log-in-Seiten, AO-StB 2023, 85; abrufbar unter steuerberater-center.de