Ulf Hausmann, Dr. Tabea Scheel
Die richtigen Leute im Boot zu haben, ist selbstverständlich eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Arbeiten in der Kanzlei. Und es wird schwieriger, gute Leute für sich zu gewinnen, weil weniger potenzielles Kanzleipersonal am Arbeitsmarkt verfügbar ist. Umso wichtiger ist es, dass als Kanzleispitze alles Erdenkliche getan wird, um für alle ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das Lust auf Arbeiten macht und das Gefühl vermittelt: "In dieser Kanzlei sind wir an der richtigen Stelle. Hier wird nicht Chaos verwaltet, sondern wir schwimmen auf einer Welle des Erfolgs in Richtung einer aufregenden Zukunft entgegen. Es wird hier viel gefordert und hohe Leistungsbereitschaft ist vorausgesetzt – aber jeder von uns weiß, wie er seinen Teil zu unserem gemeinsamen Erfolg beitragen kann."
Zugegeben: Diese oder ähnliche Aussagen aus den Mündern der Leistungsträger der Kanzlei zu hören, ist zumindest für eine durchschnittliche Kanzlei Teil einer Vision, an deren Umsetzung Jahre gearbeitet werden muss. Gleichzeitig ist sie eine idealtypische Zielstellung dafür, was gute Personalführung erreichen sollte. Ohne Zweifel: Das funktioniert nicht, wenn Führung hobbymäßig nebenbei – oder noch fataler: gar nicht betrieben wird, z. B. weil vom Führungskreis eigentlich kein Interesse daran besteht, hier einen Schwerpunkt der persönlichen Arbeit zu sehen.
3.1 Spannungsfeld zwischen Verantwortung und Autonomie
Ein Großteil der Arbeit in einer Steuerkanzlei wird heute von den meisten Mitarbeitern relativ autonom und eigenverantwortlich abgewickelt: Sie klären mit der Mandantschaft Fragen, stellen Abschlüsse, Erklärungen und Buchhaltungen eigenständig fertig.
Bis dahin läuft das – mehr oder weniger – in der Praxis alles gut. Je nachdem, wie gut fachliche Standards z. B. durch Vorlagen, Prozesse oder Arbeitschecklisten vorbereitet sind und intern Ansprechpartner (meistens der Steuerberater, Teamleiter oder besonders erfahrene Mitarbeiter) für bestimmte fachliche Rückfragen verfügbar sind.
Organisatorische Voraussetzungen dafür, Verantwortung für Umsatz und Rentabilität zu übertragen
Führung – im Sinne klarer Zielvorgaben, von Information und Feedback über Zielerreichung – ist spätestens dann gefragt, wenn Mitarbeiter auch dafür verantwortlich und eigenständig fähig sein sollen, z. B. bestimmte Deckungsbeiträge je Mandat oder Auftrag oder bestimmte Umsätze pro Monat zu erreichen. Wenn den Mitarbeitern diese Art der Verantwortung delegiert wird, werden diese anders an ihre Arbeit herangehen, als wenn darüber seitens der Kanzleiführung nicht klar kommuniziert wird. Dazu gehört auch, dass den Teamitgliedern, man könnte sagen in Echtzeit, Informationen über ihre Leistung zur Verfügung gestellt werden.
Doch schon um diese vermeintlich einfachen Verantwortlichkeiten zu Aufträgen, Umsatz und Deckungsbeitrag erfolgreich zu delegieren, muss die Kanzleiführung grundlegende Hausaufgaben machen:
- Sie brauchen eine Finanzplanung auf Basis der Auftragsplanung je Mandant und Leistungsbereich, inklusive der Zuordnung zu einzelnen Mitarbeitern.
- Sie brauchen Zeiterfassung sowie ein System der Auswertung für Ihre Mitarbeiter, optimaler Weise in einer Form, dass diese auch eigenständig (und mit dem von Ihnen gewollten Maß an Kontrolle) ihre Arbeitsplanung vornehmen können. Das kann bislang keine klassische Kanzleisoftware wirklich gut. Kanzleien suchen deshalb Zusatzlösungen zur Kanzleisoftware oder es gibt eigenprogrammierte Varianten, von Excel bis professioneller Software, die auf die Auftragsdaten der Kanzleisoftware zurückgreift und unternehmerisches Controlling ermöglicht.
- Sie brauchen ein klares Honorarsystem und ein Leistungsangebot, das Sie mit Ihren Mandanten geklärt haben – denn Mandanten schließen den Auftrag üblicherweise mit Ihnen ab. Sind Sie hier unsauber und unklar, verbauen Sie Ihrem Personal von vornherein die Möglichkeit, ein bestimmtes Maß an Rentabilität in der Arbeit zu erreichen.
Fazit
Die Idee der Klarheit der Verantwortung Ihres Personals– hier am Beispiel der Auftrags-, Umsatz- und Deckungsbeitragsverantwortung – geht viel weiter darüber hinaus, als diese mit dem einen oder anderen Mitarbeiter im Gespräch zu klären. Es setzt erhebliche organisatorische Vorarbeit voraus, damit die eigentliche Personalführung erfolgen kann.
Ähnlich sieht es aus, wenn sich das Team selbst aktiv in die Zukunftsentwicklung der Kanzlei einbringt: Hier gilt es ein klares Bild von dem Sinn der Arbeit in der Kanzlei (Kern-Zweck bzw. Mission) zu vermitteln. Das kann im Rahmen eines Projekts bzw. laufenden Prozesses "Leitbildentwicklung" erfolgen, nicht zuletzt aber auch durch permanente zielorientierte Führungskommunikation im Arbeitsalltag. Letztere erfolgt verständlicher Weise effektiver und zielorientierter, wenn die Zukunftsvorstellungen und Strategien der Kanzlei schriftlich erarbeitet werden, da so eine viel höhere Detailgenauigkeit erreicht wird und anfängliche Widersprüche oder auch zu erwartende Schwierigkeiten in der Umsetzung oder Barrieren schneller sichtbar werden. Ihr Team wird sehr genau ...