FinMin Brandenburg, Erlaß v. 05.01.1993, III/5 - S 0170 - 4/91
Prüfungen durch den BRH geben Anlaß, bei der steuerlichen Behandlung der Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege und ihrer Mitgliederorganisationen auf folgende Punkte hinzuweisen:
1. Allgemeines
Träger des privaten Wohlfahrtswesens sind die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege e.V. zusammengeschlossenen Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, die in der Rechtsform privatrechlicher Vereine (e.V.) organisiert sind:
Arbeiterwohlfahrt; Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland; Deutscher Caritasverband; Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband; Deutsches Rotes Kreuz; Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland und ihre zahlreichen Mitgliedsorganisationen.
Zentraler Punkt bei der steuerlichen Behandlung der Einrichtungen freier Wohlfahrtspflege i.S. der §§ 66, 53 AO ist die Beurteilung der Gemeinnützigkeit, insbesondere die Abgrenzung des ideellen Bereichs von den Bereichen der Vermögensverwaltung/Zweckbetrieb/wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.
Zudem spielt die steuerliche Spendenpraxis eine wesentliche Rolle.
Die Förderung des Wohlfahrtswesens gehört zu den klassischen gemeinnützigen Zwecken i.S.d. AO (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO). Während diese Vorschrift die Förderung des „Wohlfahrtswesens” insgesamt – also auch die öffentliche Fürsorge – umfaßt, definiert § 66 Abs. 2 AO die „Wohlfahrtspflege” als die „planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen. Die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken.”
Unterhalten steuerbegünstige Körperschaften wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, verlieren sie den Status der Gemeinnützigkeit nicht gänzlich; sie unterliegen nur insoweit der Steuerpflicht. Dies dient der Wettbewerbsneutralität der Besteuerung, denn gemeinnützige Körperschaften können gegenüber voll steuerpflichtigen Unternehmen der Privatwirtschaft steuerlich nicht besser gestellt werden, wenn sie mit diesen konkurrieren.
Mit den Steuervergünstigungen für die Wohlfahrtsverbände selbst ist die Berücksichtigung von Spenden bei der ESt, der KSt und ab 1991 auch bei der GewSt verbunden. Für die als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke (vgl. Anlage 7 EStR) der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege einschl. ihrer Mitgliedsorganisationen sind diese befugt, unmittelbar Spenden entgegenzunehmen und hierfür Spendenbescheinigungen auszustellen.
2. Zuständigkeit
Die Prüfung der Voraussetzungen für die Steuervergünstigungen der Wohlfahrtsverbände obliegt den örtlich zuständigen FÄ.
3. Prüfungsumfang der Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen
Um eine sachgerechte Überprüfung der Steuererklärungen von Wohlfahrtsverbänden und anderer gemeinnütziger Körperschaften zu ermöglichen, ist es notwendig, daß die FÄ den zutreffenden Sachverhalt ermitteln (§ 88 AO). Hierzu gehört sowohl die Vorlage von detaillierten Gewinnermittlungen mit erläuternden Prüfungsberichten, als auch die Anforderung von Tätigkeits- oder Jahresberichten. In einer Vielzahl von Fällen werden den FÄ lediglich verkürzte oder verdichtete Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen vorgelegt, die eine sachgerechte Überprüfung nicht zulassen.
Aus den Jahresberichten ergeben sich häufig Anhaltspunkte für wirtschaftliche Aktivitäten der Verbände, die aus den Gewinnermittlungen nicht ersichtlich waren; hieraus sind in der Regel auch wichtige Hinweise ersichtlich über die tatsächliche Geschäftsführung der Verbände, deren Nachprüfbarkeit sich für den Innendienst der FÄ üblicherweise besonders schwierig gestaltet. Die Pflicht zur Abgabe derartiger Berichte ergibt sich aus § 60 EStDV, der auch im Körperschaftsteuerrecht gilt.
Diese Unterlagen werden von den FÄ regelmäßig mit Vordruck Gem 1 (Erklärung) angefordert. Auf den Eingang und die Auswertung dieser Unterlagen ist zu achten.
4. Ausgewählte materielle Einzelvoraussetzungen für die Gewährung von Steuervergünstigungen
4.1. Selbstlosigkeit § 55 AO
Zu den Anforderungen an die Selbstlosigkeit einer gemeinnützigen Körperschaft gehört u.a., daß sie ihre Mittel nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwenden dürfen (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO). Dementsprechend ist die Gemeinnützigkeit zu versagen, wenn die Mittel nicht für derartige Zwecke eingesetzt werden. In nachstehenden Fällen liegt z.B. schädliche Mittelverwendung vor:
4.1.1 Vergabe von Darlehen
Zur finanziellen Unterstützung ihrer Mitgliedsorganisationen gewähren Wohlfahrtsverbände diesen vielfach größere Darlehen. Zu diesem Zweck werden eigens hierfür vorgesehene „Kreditfonds/Solidarfonds” eingerichtet. Diese Darlehen werden in der Regel zinslos oder unter dem üblichen Kapitalmarktzins vergeben.
Neben den Ausleihungen an andere Körperschaften werden aber auch Darlehen an natürliche Personen, insbesondere an Arbeitnehmer der Verbände, gegeben.
Da die Mittel der steuerbegünstigten Kö...