Senatsverwaltung. f. Finanzen Berlin, Erlass v. 29.12.1992 - III C 11 - S 0170 - 4/91
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wird hinsichtlich der nachstehenden Rechtsfragen, die durch Beanstandungen des Bundesrechnungshofs aufgeworfen worden sind, folgende Auffassung vertreten:
Selbstlosigkeit - Vergabe von Darlehen und satzungsmäßige Voraussetzungen
Zu den Anforderungen an die Selbstlosigkeit einer gemeinnützigen Körperschaft gehört u.a., daß Mittel der Körperschaft nur für ihre satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden dürfen (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO).
Darlehensgewährungen sind daher nur dann unschädlich für die Gemeinnützigkeit der das Darlehen gewährenden Körperschaft, wenn sie aus Mitteln gegeben werden, die nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendungen unterliegen, also aus dem vorhandenen Vermögen einschließlich der zulässigen Rücklagen. Im übrigen ist die Vergabe von Darlehen aus zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwendenden Mitteln für die Gemeinnützigkeit schädlich. Dies gilt sowohl für Darlehen an gemeinnützige Organisationen als auch für Darlehen an eigene Arbeitnehmer und fremde Dritte. Des weiteren ist die Vermittlung und Bereitstellung zinsgünstiger oder zinsloser Darlehen kein gemeinnütziger Zweck und darf deshalb nicht Satzungszweck einer steuerbegünstigten Körperschaft sein. Es ist darauf zu achten, daß entsprechende Satzungsbestimmungen von den Finanzämtern beanstandet werden. Bei nicht erfolgender Satzungsänderung ist die Gemeinnützigkeit von den Finanzämtern nicht anzuerkennen.
Steuerlich unschädliche Betätigungen
Es ist darauf zu achten, daß die Finanzämter die Rücklagenbildung bei gemeinnützigen Körperschäften regelmäßig überprüfen und ggf. auch die nötigen Konsequenzen ziehen.
Zu den vom Bundesrechnungshof vorgetragenen Einzelfällen
- Ist eine gemeinnützige Körperschaft an einer Kapitalgesellschaft beteiligt und werden aus den Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaft ihre freien Rücklagen erhöht, so darf die beteiligte gemeinnützige Körperschaft die Gewinnausschüttungen dem Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft nur bis zur Höhe der bei ihr zulässigen Rücklagen nach § 58 Nr. 7 AO wieder zuführen.
- Nach § 58 Nr. 7 Buchst. b AO ist nur die Verwendung von Mitteln zur Erhaltung, nicht aber zur Aufstockung der prozentualen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zulässig. Eine gemeinnützige Körperschaft darf aber ihr Vermögen, das nicht zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet werden muß (z.B. eine freie Rücklage nach § 58 Nr. 7 Buchstabe a AO), für eine Erhöhung ihrer Beteiligungsquote verwenden.
Zentrale Gehaltsabrechnungsstellen
Die Finanzämter sollen zentrale Gehaltsabrechnungsstellen, zentrale Buchstellen und alle artverwandten Tätigkeiten gemeinnütziger Körperschaften als steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe behandeln.
Pilgerreisen
Über die Zweckbetriebseigenschaft einer Pilgerreise kann nur im Einzelfall entschieden werden. Dabei ist jedoch ein strenger Maßstab anzulegen. Wenn die Reise nicht nur unwesentlich auch den touristischen Interessen der Teilnehmer dient, kann kein Zweckbetrieb angenommen werden. Eine Abgrenzung nur anhand des Reiseziels ist nicht sachgerecht. Es ist auch nicht zulässig, eine Reise in einen Zweckbetrieb (religiöser Teil) und einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (touristischer Teil) aufzuteilen.
Mißbräuchliche Ausstellung von Spendenbescheinigungen
Bei Mißbräuchen bei der Ausstellung von Spendenbestätigungen ist zu prüfen, ob die Gemeinnützigkeit zu versagen ist (vgl. AEAO, zu § 63 Nr. 2).
Normenkette
AO § 55 Abs. 1 Nr. 1