Cum/Cum-Transaktionen als die "kleinen Schwestern" der Cum/Ex-Transaktionen stehen zwar nicht vergleichbar im Fokus der steuerrechtlichen Öffentlichkeit, haben jedoch gleichwohl in der steuerliche Praxis einen weit verbreiteten Anwendungsbereich. Bei Cum/Cum-Transaktionen werden deutsche Aktien ausländischer Anteilseigner vor dem Dividendenstichtag an inländische Gesellschaften, zumeist Banken oder sonstige Finanzdienstleister, verliehen bzw. verkauft und nach dem Dividendenstichtag mit dem Ziel zurückübertragen, die gesetzlich vorgesehene pauschale Versteuerung von Dividendenerträgen ausländischer Bezieher zu umgehen.
Die Bezeichnung "Cum/Cum" folgt aus dem Umstand dass die Aktien sowohl mit Dividendenanspruch (schuldrechtlich) veräußert als auch (sachenrechtlich) übertragen werden. Der inländische Erwerber erlangt damit das zivilrechtliche Eigentum an den regelmäßig sammelverwahrten Papieren (vgl. § 5 DepotG) zu einem Zeitpunkt, zu dem – im Gegensatz zum Cum/Ex-Transaktionen – der die zu zahlende Dividende verkörpernde Kupon noch nicht getrennt ist (vgl. LG Bonn v. 18.3.2020 – 62 KLs – 213 Js 41/19 – 1/19, BeckRS 2020, 13169 Rz. 370 ff.).
Neufassung des BMF-Schreibens: Das BMF hat mit seiner Neufassung des Schreibens vom 17.7.2017 – im Folgenden "BMF-Schreiben (neu)" – umfangreich zur zukünftig beabsichtigten Behandlung von sog. Cum/Cum-Transaktionen durch die Finanzverwaltung Stellung genommen. Es kann davon ausgegangen werden, dass wesentlicher Anlass für die nunmehrige Aktualisierung des BMF-Schreiben v. 17.7.2017 – im Folgenden "BMF-Schreiben (alt)" – nicht in erster Linie der Gewinn wesentlicher neuer steuerrechtlicher Erkenntnisse seitens der Finanzverwaltung gewesen ist. Vielmehr hat neben der nachhaltigen Kritik aus Politik (vgl. Kleine Anfrage der Fraktionen DIE LINKE. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Eindämmung von Cum/Cum-Geschäften und weiteren Gestaltungen zur künstlichen Generierung eines Steuervorteils, BT-Drucks..18/11345) und Wissenschaft (vgl. statt aller: Spengel, Steuerrechtliche Behandlung von Cum/Cum-Geschäften, DB 2020, 1919) auch die jüngere erstinstanzliche Finanzrechtsprechung (vgl. nachfolgend Abschnitt III.3.b), FG Hess. v. 28.1.2020 – 4 K 890/17, WM 2020, 1587) die wesentliche Grundlage für die zukünftige modifizierte Behandlung von Cum/Cum-Transaktionen durch die Finanzverwaltung bereitet. Vor diesem Hintergrund hat das BMF das aus 2017 stammende BMF-Schreiben (alt) zumindest punktuell überarbeitet.
Im Mittelpunkt des BMF-Schreibens (neu) stehen die geänderten Ausführungen zu den materiell-rechtlichen Grundsätzen für eine Beurteilung von Cum/Cum-Transaktionen nach der AO. Diese Ausführungen sind unter besonderen Berücksichtigung der jüngsten Finanzrechtsprechung einer weitgehenden Überarbeitung unterzogen worden. Davon betroffen ist in erster Linie die veränderten Sicht der Finanzverwaltung bezüglich des Erfordernisses der eingehenden Überprüfung des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums zwischen den Beteiligten an den Wertpapieren.
Zweck der nachfolgenden Ausführungen soll ausgehend von den steuerrechtlichen Grundlagen sowie der einschlägigen Finanzrechtsprechung einen Überblick zu den wesentlichen Änderungen im aktuellen BMF-Schreiben (neu) einschließlich deren steuerrechtlicher Auswirkungen in tatsächlicher und steuerrechtlicher Hinsicht zu geben.