Leitsatz
1. Die Übertragung eines Teilbetriebs i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 UmwStG 1995 liegt nur vor, wenn auf den übernehmenden Rechtsträger alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen des betreffenden Teilbetriebs übertragen werden. Daran fehlt es, wenn einzelne dieser Wirtschaftsgüter nicht übertragen werden, sondern der übernehmende Rechtsträger insoweit nur ein obligatorisches Nutzungsrecht erhält.
2. § 2 Abs. 1 UmwStG 1995 ist auch auf Abspaltungen anwendbar, bei denen keine Teilbetriebe übertragen werden (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 25.03.1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 15.11 S. 6).
3. Die Rückwirkungsfiktion des § 2 Abs. 1 UmwStG 1995 gilt nicht für die Gesellschafter der übertragenden und der übernehmenden Körperschaft.
Normenkette
§ 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 UmwStG 1995
Sachverhalt
Gegenstand der Klägerin, einer GmbH, war zunächst die Stahl- und Metallverarbeitung, ab August 1999 das Immobiliengeschäft sowie ein Groß- und Einzelhandel. Zugleich sollte der Teilbetrieb Stahl- und Metallbearbeitung auf eine neu gegründete GmbH, die S-GmbH, abgespalten werden.
Es wurde ein Spaltungsplan auf den Spaltungsstichtag 01.01.1999 festgestellt. Der S-GmbH wurden gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen Vermögensgegenstände und Arbeitsverträge der Klägerin übertragen. Ausdrücklich nicht übergehen sollten die Grundstücke, auf denen die S-GmbH ihren Fertigungsbetrieb unterhielt. Diese blieben im Eigentum der Klägerin, die sie mit aufstehenden Gebäuden an die S-GmbH vermietete. Der Mietvertrag lief auf unbestimmte Zeit und konnte unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten zum Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden.
Die S-GmbH setzte die übernommenen Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert an. Das FA ging davon aus, dass die nach § 15 UmwStG 1995 für eine Buchwertfortführung erforderliche Übertragung eines Teilbetriebs nicht vorliege, weil die von der S-GmbH genutzten Grundstücksteile, Gebäude und baulichen Anlagen nicht übertragen worden seien. Die Übereignung von Wirtschaftsgütern an die S-GmbH sei deshalb steuerlich als eine Sachausschüttung an deren Gesellschafter zu behandeln. Diese hätten die Wirtschaftsgüter sodann im Rahmen einer Einlage in die S-GmbH eingelegt.
Die anschließende Klage war erfolgreich (Sächsisches FG, Urteil vom 09.09.2008, 3 K 1996/06, Haufe-Index 2064886, EFG 2009, 65).
Entscheidung
Der BFH sah das anders. Er wies die Klage in der Sache ab.
Grund dafür war ihm der Umstand, dass die Klägerin ihr Betriebsgrundstück der S-GmbH nur mietweise zur Nutzung überlassen hatte. Damit hatte sie eine wesentliche Betriebsgrundlage zurückbehalten. Es war aus Sicht des BFH damit nicht gerechtfertigt, von der Besteuerung der stillen Reserven nach Maßgabe des § 15 UmwStG 1995 abzusehen.
Hinweis
Die "Botschaften" des gestaltungsbedeutsamen Urteils sind kurz referiert, sie ergeben sich letztlich schon aus den Leitsätzen:
1. Umwandlungsvorgänge setzen, sollen sie steuerlich erfolgsneutral bewerkstelligt werden, gemeinhin voraus, dass sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen übergehen und solche nicht partiell zurückbehalten werden. Das gilt gleichermaßen für Aufspaltungs- und Abspaltungsvorgänge.
An einem derartigen Gesamtübergang der funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen fehlt es indessen, wenn bei Abspaltung eines Teilbetriebs das übertragende Unternehmen einen Teil jener Grundlagen (im Urteilsfall das Betriebsgrundstück) lediglich aufgrund eines Nutzungsvertrags, z.B. einer Miete, dem übernehmenden Unternehmen überlässt.
Fazit: Es muss immer und stets zu einer Vollübertragung kommen.
2. Weiterhin offene Fragen:
a) Ob ggf. auch die Übertragung nur des wirtschaftlichen Eigentums genügt, belässt der BFH unbeantwortet; diese Frage war nicht entscheidungserheblich. Auch eine solche Übertragung sollte aber hinreichen; § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist auch für das UmwSt-Recht einschlägig.
Das gilt dann gleichermaßen bei der (umgekehrten) Frage, ob jedwedes juristisches, aber auch wirtschaftliches Eigentum an funktional-relevanten Wirtschaftsgütern übertragen werden muss. Auch das ist zu bejahen. Lediglich Wirtschaftsgüter, an denen weder juristisches wie wirtschaftliches Eigentum fehlt, sind von der Übertragungspflicht ausgenommen; allerdings wird hier regelmäßig ein Eintritt des Rechtsnachfolgers in die vorhandene Vertragssituation (Miete, Leasing o.Ä.) erfolgen.
b) Ebenfalls blieb unbeantwortet, ob die Dinge anders zu beurteilen sind, wenn das übertragende Unternehmen für seinen Restbetrieb – dem verbleibenden Teilbetrieb – die betreffende identische Betriebsgrundlage selbst noch immer mitbenutzt.
Das ist oftmals der Fall und resultiert aus dem in § 15 UmwStG angelegten Erfordernis des doppelten Teilbetriebs, einmal bei übertragenden, einmal bei übernehmenden Rechtsträger. In dieser Konstellation und Frage kann, je nachdem, wie man sie beantwortet, eine für die Praxis beträchtliche "Umwandlungsbremse" liegen. Das liegt indes in der Natur der Sache, nämlich dem Ausnahmecharakter des buchwertneutralen Übergangs, der von bestimmten Vor...