Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
Dient ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, dazu, ein bereits früher zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts aufgenommenes Darlehen umzuschulden, so ist das i.S.d. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG 2002 schädlich, wenn die Valuta des Umschuldungsdarlehens höher ist als die Restschuld des umzuschuldenden Darlehens und der übersteigende Betrag zur Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet wird, der eine Verzinsung des Bausparguthabens vorsieht.
Normenkette
§ 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG 2002
Sachverhalt
Die Kläger hatten mit einem Darlehen die Anschaffung einer Eigentumswohnung finanziert, die sie vermieteten. Später schuldeten sie dieses Darlehen mithilfe einer Bausparkasse um. Die Bausparkasse gewährte ihnen zwei Darlehen, die zusammengenommen das abgelöste Ursprungsdarlehen um 20.000 EUR überstiegen. Die 20.000 EUR wurden auf einen Bausparvertrag eingezahlt, der durch weitere Sparleistungen aufgefüllt und später zur Darlehenstilgung verwendet werden sollte. Als Sicherheit verpfändeten die Kläger zwei Lebensversicherungen an die Bausparkasse.
Nachdem das FA die Steuerpflicht der Zinsen aus den Lebensversicherungen festgestellt hatte, gab das dagegen angerufene FG der Klage statt und hob die Feststellungsbescheide auf (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 12.5.2009, 11 K 4217/08, Haufe-Index 2212722).
Entscheidung
Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.
Die Umschuldung mithilfe der Bausparkasse sei steuerschädlich, weil die Kläger mit den Umschuldungsdarlehen eine Forderung gegen die Bausparkasse erworben und weil die Umschuldungsdarlehen zusammengenommen das abgelöste Darlehen überstiegen hätten.
Hinweis
1. Zunächst kann auf die Praxis-Hinweise zum vorstehend abgedruckten Urteil VIII R 49/09 verwiesen werden.
2. Soll eine Kaptallebensversicherung als Kreditsicherheit eingesetzt werden, ist auch bei den Einzelheiten der Vertragsgestaltung im Auge zu behalten, dass die Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG, die über den Sonderausgabenabzug der Versicherungsprämien und letztlich über die Steuerfreiheit der Zinsen aus der Lebensversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG entscheidet, einige Tücken bereithält.
3. Die Vorschrift setzt voraus, dass das Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist, und dass die ganz oder zum Teil zur Tilgung oder Sicherung verwendeten Ansprüche aus Versicherungsverträgen nicht die mit dem Darlehen finanzierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten übersteigen.
a) |
Die vorstehenden Voraussetzungen werden zum einen dann verfehlt, wenn ein mit einer Lebensversicherung besichertes Anschaffungsdarlehen umgeschuldet wird und dabei ein Vorfinanzierungsdarlehen mit einem zu seiner Tilgung bestimmten Bausparvertrag dergestalt verknüpft wird, dass ein Teilbetrag des Vorfinanzierungsdarlehens nicht direkt zur Ablösung des ursprünglich aufgenommenen Darlehens eingesetzt, sondern unmittelbar auf einen bei der Bausparkasse abgeschlossenen Bausparvertrag eingezahlt wird, der eine Verzinsung des Bausparguthabens vorsieht. Dieser Teilbetrag ist damit zur Begründung einer Forderung gegenüber der Bausparkasse verwendet worden. Das allein führt bereits zur Steuerschädlichkeit. |
b) |
Eine Umschuldung ist nur dann steuerunschädlich i.S.d. § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG, wenn die Darlehenssumme des Umschuldungsdarlehens die Restvaluta des umzuschuldenden Darlehens zum Zeitpunkt der Umschuldung nicht übersteigt. Diese Voraussetzung wird bei der vorstehend beschriebenen Bausparkassenfinanzierung regelmäßig verfehlt, wenn ein gegenüber dem Ursprungsdarlehen höheres Umschuldungsdarlehen aufgenommen werden muss, um daraus auch die Einzahlung auf das Bausparkonto zu bedienen. |
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.10.2011 – VIII R 30/09