Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Jeder Steuerpflichtige ist durch eine Steuernummer eindeutig zu erfassen. Deshalb haben Steuerpflichtige auch einen öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen den Fiskus auf Erteilung einer Steuernummer.
Sachverhalt
Ein ausländischer Staatsangehöriger hat zum 1.2.2006 das Gewerbe eines Trockenbauers im Inland angemeldet. Er wohnte zunächst bei seinen Eltern im Inland und hatte an der Hausklingel zu dieser Wohnung auf sein Trockenbau-Gewerbe hingewiesen. Zwischenzeitlich ist er umgezogen, wohnt aber weiterhin in Deutschland. Am 17.2.2006 beantragte er die Zuteilung einer Steuernummer und die Ausstellung einer Freistellungsbescheinigung gemäß § 48 b EStG. Das Finanzamt lehnte dies unter Hinweis auf die fehlende Selbstständigkeit der Tätigkeit des Klägers ab. Im Laufe des weiteren Verfahrens benutzte das Finanzamt mehrfach verschiedene ("Steuer"-)Nummern bzw. Aktenzeichen oder Geschäftszeichen, die jedoch nie den Aufbau einer richtigen Steuernummer hatten.
Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht war erfolgreich. Nach Ansicht der Finanzrichter besteht ein öffentlich-rechtlicher Anspruch eigener Art auf Erteilung einer Steuernummer. Die Einführung der Identifikationsnummer im Sinne des § 139 b und § 139 c AO zum 1.7.2007 zeige, dass der Steuerpflichtige eindeutig zu erfassen ist. Dies geschehe durch eine Steuernummer, weshalb die Mitteilung dieser Steuernummer die notwendige Konsequenz daraus sei. Der Anspruch besteht, obwohl im Gesetz (zumindest bis zum 30.6.2007) eine Regelung zur Erteilung einer Steuernummer fehlt. Dies ergibt sich zum einen aus den §§ 14, 14a UStG, die eine Rechnungserteilung nur unter Verwendung einer Steuernummer vorsehen. Zum anderen sieht die Buchungsordnung für die Finanzämter die Erteilung einer Steuernummer für jeden Bearbeitungsfall vor, die dem Steuerpflichtigen dann auch mitzuteilen ist. Entscheidend muss dabei sein, dass ein Steuerpflichtiger ohne Steuernummer im Rechtsverkehr, auch im Steuerrechtsverkehr mit den Finanzbehörden, nur eingeschränkt handlungsfähig ist. Für die Erteilung der Steuernummer muss es dabei ausreichend sein, dass der Steuerpflichtige die Absicht hat, als Unternehmer aufzutreten. Ob dies dann tatsächlich der Fall ist, muss im Weiteren separat überprüft werden.
Hinweis
Das Finanzgericht weist meines Erachtens zutreffend darauf hin, dass die Finanzbehörde nicht etwa im Wege einer Art Gefahrenabwehr schon zum Zeitpunkt der Erfassung eines Steuerpflichtigen die Erteilung einer Steuernummer verweigern kann. Im Streitfall war auch die beantragte Freistellungsbescheinigung gemäß § 48 b Abs. 1 Satz 1 EStG zu erteilen, weil das Finanzamt insbesondere eine Gefährdung der Steueransprüche nicht vorgetragen hat und eine solche auch nicht erkennbar war. Schließlich muss berücksichtigt werden, dass der Kläger im Streitfall im Inland ansässig war und seinen Anzeige-, Auskunfts- und Mitteilungspflichten nachgekommen ist. Eine eventuell fehlende Unternehmereigenschaft spielt bei der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung zunächst keine Rolle. Vielmehr muss das berechtigte Interesse des Klägers ausreichen, auf Grund der Freistellungsbescheinigung am Baumarkt tätig werden zu wollen (so auch FG Berlin, Beschluss vom 21.12.2001, Az. 8 B 8408/01).
Schon mehrere Finanzgerichte haben mittlerweile entschieden, dass Steuerpflichtige grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer haben (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil v. 23.8.2007, 5 K 364/06; FG Nürnberg, Beschluss v. 4.6.2007, 2 V 373/2007). Entsprechende Revisionsverfahren sind mittlerweile beim BFH anhängig (vgl. u. a. V R 75/07 und II R 65/07). Hinzuweisen ist noch darauf, dass - anders als bei Erteilung einer Steuernummer - die Erteilung einer USt-Id.-Nr. gesetzlich ausdrücklich geregelt ist (vgl. § 27 a UStG).
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 27.03.2007, 1 K 3554/06 S