Leitsatz
1. Ein Klarierungsagent (Schiffsmakler), der zur Klarierung eines bestimmten Seeschiffes (Schiffsabfertigung und -versorgung) einen Hafendienstleister darüber informiert, dass die Schifffahrtsgesellschaft ihn mit der Erbringung von – zu diesem Zeitpunkt nur teilweise feststehenden – Leistungen beauftragen wird, stellt den Kontakt zu einem bestimmten Kunden her, so dass nur eine Vermittlungsleistung vorliegt, nicht aber mehrere Einzelvermittlungen in Bezug auf eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungen.
2. Diese Vermittlungsleistung ist nicht gemäß § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a i.V.m. § 4 Nr. 2 und § 8 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes steuerfrei, wenn es infolge der Vermittlung des geschäftlichen Kontakts zu einer Vielzahl verschiedener, zum Zeitpunkt der Vermittlung nach Art und Umfang noch nicht abschließend bestimmter Umsätze kommt, die sowohl steuerpflichtig als auch steuerfrei sein können.
Normenkette
§ 4 Nr. 2 und Nr. 5 Satz 1 Buchst. a, § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 9 Satz 1, § 3a Abs. 2 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 UStG, Art. 153 Abs. 1 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb eine Seehafen-Spedition. Sie erbrachte Leistungen im Zusammenhang mit der Klarierung (Schiffsabfertigung und -versorgung) von Seeschiffen. Hierfür beauftragten Schifffahrtsgesellschaften einen Klarierungsagenten. Im Namen und für Rechnung der jeweiligen Schifffahrtsgesellschaft beauftragte der jeweilige Klarierungsagent seinerseits die Klägerin, schiffs- und besatzungsbezogene Dienstleistungen zu erbringen, die der Klarierung des jeweiligen Seeschiffes dienten. Hierbei informierte er die Klägerin per E-Mail über die bereits von der Schifffahrtsgesellschaft beauftragten Leistungen. Teils beauftragte die jeweilige Schifffahrtsgesellschaft während der Liegezeit weitere Leistungen. Bei jedem Schiffseinlauf erbrachte die Klägerin bis zu 70 unterschiedliche Leistungen. Die Klägerin rechnete – getrennt nach steuerfreien und steuerpflichtigen Leistungen – gegenüber der jeweiligen Schifffahrtsgesellschaft ab, wobei sie die Rechnungen an den Klarierungsagenten sandte. Der Klarierungsagent erhielt von der Klägerin eine Vermittlungsprovision, die sich nach einem prozentualen Anteil an dem Entgelt berechnete, das die Klägerin für die von ihr gegenüber der Schifffahrtsgesellschaft erbrachten Leistungen in Rechnung stellte. Über diese Provision erteilte die Klägerin dem Klarierungsagenten – getrennt nach den erbrachten steuerfreien und steuerpflichtigen Leistungen – Gutschriften und wies dabei USt aus, auch soweit die Provision auf die Erbringung steuerfreier Umsätze berechnet wurde.
Das FA versagte der Klägerin den Vorsteuerabzug aus den Vermittlungsleistungen zu etwa 25 %, da die Klägerin die Vermittlungsleistungen insoweit zur Erbringung von Leistungen verwendet habe, die gemäß § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a i.V.m. § 4 Nr. 2 und § 8 UStG steuerfrei gewesen seien, und erließ für die Streitjahre geänderte USt-Bescheide. Einspruch und Klage zum FG hatten keinen Erfolg (FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 25.2.2022, 6 K 134/20, Haufe-Index 15147212).
Entscheidung
Der BFH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und gab der Klage statt. Es liege eine einheitliche und dabei insgesamt steuerpflichtige Vermittlungsleistung vor, die die Klägerin zum Vorsteuerabzug berechtige.
Hinweis
1. Ein Klarierungsagent (Schiffsmakler), der zur Klarierung eines bestimmten Seeschiffes und damit zu dessen Schiffsabfertigung und -versorgung einen Hafendienstleister darüber informiert, dass die Schifffahrtsgesellschaft ihn mit der Erbringung von – zu diesem Zeitpunkt nur teilweise feststehenden – Leistungen beauftragen wird, stellt den Kontakt zu einem bestimmten Kunden her. Es stellt sich dann die Frage, ob nur eine Vermittlungsleistung vorliegt oder aber von mehreren Einzelvermittlungen in Bezug auf eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungen auszugehen ist.
2. Der BFH bejaht die Einheitlichkeit der Vermittlung und führt hierfür den von den Beteiligten verfolgten Zweck an, die Klarierung innerhalb der geplanten Liegezeit eines Seeschiffes durchzuführen und in dieser Zeit Schiff und Besatzung für die Weiterfahrt mit allen hierfür erforderlichen Leistungen zu versorgen. Da ein Seeschiff einen Seehafen erst wieder verlassen kann, nachdem alle Pflichten im Zusammenhang mit dem Ein- und Auslaufen erfüllt, notwendige Reparaturen abgeschlossen sind und sich die Besatzung verproviantiert hat, kommt es maßgeblich darauf an, durch einen einzigen Vermittlungsakt dafür zu sorgen, dass alle erforderlichen Leistungen erbracht werden. Um welche Leistungen es demgegenüber im Einzelnen geht, ist nachrangig.
3. Diese einheitliche Vermittlungsleistung ist nicht gemäß § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a i.V.m. § 4 Nr. 2 und § 8 Abs. 1 UStGsteuerfrei. Denn es kommt infolge der Vermittlung des geschäftlichen Kontakts zu einer Vielzahl verschiedener, zum Zeitpunkt der Vermittlung nach Art und Umfang noch nicht abschließend bestimmter Umsätze, die sowohl steuerpflic...