Dipl.-Kfm. Christian Huck, Mona Knauf
Neben den grundsätzlichen Herausforderungen in der operativen Steuerung digitaler Plattformen gibt es solche, die besonders in den einzelnen Entwicklungsphasen zum Tragen kommen. Die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle lässt sich modelltypisch in 3 verschiedene Phasen unterteilen: "Seed"-, "Growth"- und "Harvest"-Phase. In allen Phasen gilt, dass eine stärkere Einbindung der Mitarbeiter die Akzeptanz neuer Steuerungsinstrumente positiv beeinflusst.
3.1 Seed-Phase: Mit der Plattform in den Markt eintreten
Ein Unternehmen am Anfang des Lebenszyklus hat bereits erste Finanzierungen erhalten. Ziel ist es, schnellstmöglich ein "Minimum Viable Product" (MVP) auf den Markt zu bringen, um es unter realen Bedingungen zu erproben und weiterzuentwickeln. Gerade in der meist agilen Produktentwicklung, bei der das Ergebnis nicht von vornherein genau festgelegt ist, braucht es eine übergreifende wegweisende Planung, ein klares Vorgehensmodell und eindeutige Verantwortlichkeiten. Diese münden in organisatorische Verpflichtungen, die die Einhaltung von Meilensteinen und Deadlines absichern sollen. Prototypen werden laufend mit den Nutzern getestet und anschließend überarbeitet. Neben der schrittweisen Öffnung gegenüber der Außenwelt, von frühzeitigen Anwendern bis hin zu der breiten Öffentlichkeit, ist vor allem die (technische) Umsetzung des Konzepts von hoher Relevanz.
Berichts- und Informationsbedarfe steigen stetig, um gegenüber professionellen Kapitalgebern Rechenschaft über den Entwicklungsfortschritt ablegen zu können. In der Seed-Phase muss aus Sicht der finanziellen Steuerung der Fokus darauf gerichtet werden, mit gegebener Ressourcenausstattung die Plattform zur Marktreife zu bringen.
So wie das Produkt selbst noch am Anfang der Entwicklung steht, so ist auch bei dem dahinter stehenden Team. Die Zusammenarbeit ist von Unsicherheit geprägt, die tendenziell zu einer behutsamen und zurückhaltenden Stimmung führt. Rollen, Positionen und damit verbundene Verantwortlichkeiten sind noch nicht definiert und gefestigt. Während die Teammitglieder ihre eigenen Meinungen, Einstellungen und Anforderungen noch formen, ist die Rolle des Managements, auch in agilen Teams, umso wichtiger. Das Management ist nicht nur aufgefordert, den Prozess des Kennenlernens so zu begleiten, dass sich alle wohlfühlen, es geht vor allem darum, eine Basis für effektive Zusammenarbeit zu schaffen. Im Laufe der Zeit werden sich die Teammitglieder sowohl auf positive als auch negative Weise annähern. Zwei häufig auftretende Konflikte sind hier zu differenzieren:
- Zum einen kann es zu Konflikten hinsichtlich der Aufgaben kommen, die sich als komplexer, schwieriger oder langwieriger herausstellen als ursprünglich angedacht.
- Zum anderen können Ergebnisse nicht mit den eigenen Erwartungen oder denen der Teammitglieder übereinstimmen.
Hieraus kann ein Rollenkonflikt entstehen, weil die Anforderungen der Teammitglieder bspw. nicht vereinbar sind. Das Management ist in diesem Fall angehalten, in die Rolle des Moderators oder gar Schlichters zu schlüpfen.
3.2 Growth-Phase: Marktposition behaupten und ausbauen
Das MVP mit aussichtsreichen Marktchancen und ersten Kunden bildet die Grundlage für den Eintritt in die Growth-Phase. Nun ist das Ziel, die Nutzerbasis stetig auszubauen, bestehende Nutzer zu halten und die Interaktion bestehender Nutzer mit der Plattform sowie die Umsatzgenerierung zu optimieren. Die Auswertung von Daten über die Kundeninteraktion ist hier ausschlaggebend. Es ist essenziell, dass Angebote, die keinen Anklang beim Kunden finden, schnell optimiert werden, da nur eine hohe Kundenzufriedenheit zur Weiterempfehlung der Plattform führt. Sind die Kunden zufrieden mit der Plattform, steigen die Chancen für ein erfolgreiches Netzwerkmanagement.
Die Betrachtung finanzieller Größen erweitert den Fokus von Budgeteinhaltung mit Fokussierung auf Wachstum. Ausbau der Reichweite, Erweiterung der Kundenbasis und bessere Durchdringung der Kunden rücken in das Zentrum der operativen Steuerung, sodass sich das Controllinginstrumentarium neu ausrichten muss. Neben dem Produkt sind jetzt Vertrieb, der Markt und vor allem der Kunde selbst zu beleuchten. Die neue Ausrichtung der Steuerung muss auch in die Berichterstattung gegenüber Kapitalgebern und Partnern einfließen, die neben der Finanzierungsperspektive auch zukunftsorientierte Aussagen über Wachstum und nachhaltigen Erfolg am Markt interessiert.
Im Zentrum der zügigen und beständigen Angebotsoptimierung steht externes und internes Feedback. Dieses kann zuweilen auch frustrierend, schmerzhaft und anstrengend sein. Die Kommunikation, dass dieses dennoch unabdingbar ist, ist Aufgabe des Managements. Um mithilfe der optimierten Produkte die Reichweite und Kundenbasis zügig auszubauen, bedarf es nun klarer Regeln und Umgangsformen, um die Zusammenarbeit, Kooperation und Kommunikation effizienter aufzustellen.
3.3 Harvest-Phase: Profitabilität erreichen durch Organisations- und Marktsteuerung
In der Harvest-Phase erweitert sich der Betrachtungswinkel der Steuerung noch einmal entscheidend und die Informationsversorgung durch das Controlling muss sich entsprechend wandeln. Die Plattform ist nun nachhalti...