1 Systematische Einordnung
Im Rahmen einer internationalen (Wirtschafts-)Tätigkeit gibt es häufig Fälle, in denen Personen zu Ausbildungszwecken in einen anderen Staat entsendet werden oder diesen zu Ausbildungszwecken aufsuchen. Bekommen sie hierfür eine Vergütung, stellt sich die Frage, welcher Staat hierfür das Besteuerungsrecht hat, weil diese Einkünfte häufig aus dem Staat stammen, in dem die eigentliche Ansässigkeit (vgl. "Ansässigkeit") besteht. Unterlägen diese Einkünfte einer Doppelbesteuerung, wären sie wirtschaftlich uninteressant. Daher gibt es hierzu eine spezielle Regelung in Art. 20 OECD-MA. Sie soll gewährleisten, dass für diese Einkünfte eine sinnvolle Abgrenzung der Besteuerungsrechte zwischen den Vertragsstaaten erfolgt.
2 Inhalt
Art. 20 OECD-MA sieht vor, dass die Vergütungen, die Studenten, Praktikanten und Auszubildende für ihren Unterhalt, ihr Studium oder ihre Ausbildung erhalten, im Gastland (= Tätigkeitsstaat) freigestellt werden, wenn diese aus Quellen außerhalb des Gastlandes stammen. Hierbei ist der Ausschluss des Besteuerungsrechts im Gastland unabhängig davon, ob der Student, Praktikant oder Auszubildende einen Wohnsitz im Tätigkeitsstaat begründet (vgl. "Wohnsitz"). Allerdings ist eine Berufung auf die abkommensrechtliche Regelung nur möglich, wenn eine abkommensrechtliche Ansässigkeit (vgl. "Ansässigkeit") in einem der beiden Staaten gegeben ist. Allerdings sieht Art. 20 OECD-MA hiervon eine Ausnahme vor. Ein in keinem der beiden Staaten ansässiger Student, Praktikant oder Auszubildender kann die Steuerbefreiung im Gastland auch beanspruchen, wenn er unmittelbar vor Aufnahme seines dortigen Studiums im Herkunftsland ansässig war.
Voraussetzung für die Freistellung im Gastland ist, dass das Studium, das Praktikum oder die Ausbildung der Hauptzweck des Aufenthalts ist. Folglich wird die Steuerfreiheit im Gastland auch dann nicht rückwirkend versagt, wenn sich der Student, Praktikant oder Auszubildende nach Abschluss der Ausbildung noch einige Zeit im Gastland aufhält. Dies gilt auch dann, wenn dort eine Tätigkeit aufgenommen wird, etwa um die Rückreise finanzieren zu können. Hierbei erstreckt sich die Steuerbefreiung des Art. 20 OECD-MA lediglich auf die Vergütungen, die für Zwecke der Ausbildung gewährt werden. Hingegen werden andere Einkünfte hiervon nicht erfasst.
Da eine Ausbildung immer auf eine bestimmte Dauer angelegt ist oder mit dem Erreichen des Ausbildungsziels als abgeschlossen angesehen wird, entfällt die Steuerbefreiung mit Ende der Ausbildung. Einige deutsche DBA sehen eine zeitliche Begrenzung der Steuerbefreiung vor, sodass nach Ablauf dieser Frist das DBA einer Besteuerung durch die Bundesrepublik Deutschland als Gastland nicht entgegensteht. Die Befreiung wird außerdem nur gewährt, soweit wie die Vergütungen aus Quellen außerhalb des Gastlandes stammen. In einigen deutschen DBA wird jedoch hiervon abgewichen. Danach bleiben auch Vergütungen meistens für 3 Jahre steuerfrei, die aus dem Gastland stammen, wenn sie aus einer in Deutschland ausgeübten unselbstständigen Arbeit stammen, die dazu dient, die Ausbildungs- und Unterhaltsbeihilfen zu ergänzen.
3 Praxisfragen
Bei den entsprechenden Einkünften handelt es sich nach innerstaatlichem Recht im Zweifel um sonstige Einkünfte i. S. v. § 22 Nr. 1 S. 2 EStG. Folglich unterlägen diese ohne eine entsprechende Regelung in den DBA der deutschen Besteuerung.
Ziel der Regelung ist es, den Ausbildungsaustausch zwischen den Staaten zu fördern. Hierfür soll der betreffenden Person die Vergütung ohne eine Schmälerung durch eine Steuerbelastung im Gastland zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund sind die Begriffe Studenten, Praktikanten und Auszubildende, die im Abkommen nicht definiert werden, weit auszulegen. Folglich fallen hierunter auch die Vergütungen für Schüler und Volontäre. Allerdings findet sich in einigen deutschen DBA eine Beschränkung auf Studenten.
Literaturtipps
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Bauer, in Gassner/Lang/Lechner, Arbeitnehmer im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, Wien 2003, 225 |
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Flick/Flick-Pistorius, DStR 1989, 623 |
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Ismer, Bildungsaufwand im Steuerrecht, 2006 |
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Lang, SWI 1998, 508 |
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Loukota, SWI 1998, 456 |