Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Wenn bei einem Tausch oder einem tauschähnlichen Umsatz der leistende Unternehmer einen Gegenstand zu einem höheren Wert als dem gemeinen Wert in Zahlung nahm, ging die Finanzverwaltung früher von einem verdeckten Preisnachlass aus. Der verdeckte Preisnachlass hatte bei dem leistenden Unternehmer einen Einfluss auf die Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Auch wenn der Unternehmer den Gegenstand zu einem anderen als dem gemeinen Wert in Zahlung nahm, bestimmte sich die Bemessungsgrundlage grds. nach dem gemeinen Wert.
Verdeckter Preisnachlass (bis 31.12.2021)
Kraftfahrzeughändler K verkaufte 2021 an eine Privatperson ein Neufahrzeug. Als Kaufpreis für das Neufahrzeug wurden 24.600 EUR vereinbart. Neben einer Barzahlung i. H. v. 22.000 EUR lieferte der Käufer auch ein Gebrauchtfahrzeug, dessen gemeiner Wert 1.800 EUR (nachgewiesen durch ein Gutachten) betrug, für den der Kfz-Händler aber 2.600 EUR anrechnete.
Insgesamt erhielt der Kfz-Händler 23.800 EUR (gemeiner Wert des gelieferten Fahrzeugs zuzüglich der Baraufgabe). Aus diesem Betrag war die Umsatzsteuer mit 19 %, hier also mit 3.800 EUR, herauszurechnen. Die Bemessungsgrundlage für die steuerbare und steuerpflichtige Lieferung des Neufahrzeugs betrug somit 20.000 EUR.
Der BFH hatte die von der Finanzverwaltung früher angewandte Methode zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei einem solchen Tausch mit Baraufgabe für grundsätzlich ungeeignet erklärt, es aber nicht beanstandet, wenn sich Unternehmer auf diese Vereinfachungsregelungen beriefen. Nach den Feststellungen des BFH ist der Wert eines Umsatzes, der beim Tausch als Entgelt für den anderen Umsatz gilt, der Wert, den der Empfänger der Leistung beimisst, die er beziehen will, und entspricht dem Betrag, den er zu diesem Zweck aufzuwenden bereit ist. Damit ist grundsätzlich ein subjektiver Wert bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage heranzuziehen.
Die Finanzverwaltung hat auf die Rechtsprechung des BFH reagiert und den UStAE geändert. Nimmt ein Kraftfahrzeughändler beim Verkauf eines Fahrzeugs einen Gebrauchtwagen in Zahlung und leistet der Käufer i. H. des Differenzbetrags eine Zuzahlung, liegt ein Tausch mit Baraufgabe vor. Zum Entgelt des Händlers gehört neben der Zuzahlung auch der subjektive Wert des in Zahlung genommenen Fahrzeugs.
Vereinbarter Kaufpreis maßgeblich
Der subjektive Wert des in Zahlung genommenen Fahrzeugs ergibt sich aus dem individuell vereinbarten Verkaufspreis zwischen dem Fahrzeughändler und dem Käufer abzüglich der vom Käufer zu leistenden Zuzahlung. Dies soll dann den Wert darstellen, den der Händler dem Gebrauchtwagen beimisst und den er bereit ist, hierfür aufzuwenden.
Die früher in Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE erfassten Möglichkeiten zur Ermittlung des gemeinen Werts des in Zahlung genommenen Fahrzeugs sind von der Finanzverwaltung aufgehoben worden, konnten aber noch für alle Umsätze bis zum 31.12.2021 angewendet werden. Ebenfalls sind die Regelungen aufgehoben worden, die zu einer höheren Umsatzsteuer führten, wenn das von dem Fahrzeughändler in Zahlung genommene Fahrzeug einen höheren Wert hat, als dem Käufer des Neufahrzeugs angerechnet wurde. Da es unter Ansatz des subjektiven Werts keinen verdeckten Preisnachlass geben kann, sind auch die bisher in Abschn. 10.5 Abs. 5 UStAE enthaltenen Hinweise zum überhöhten (unrichtigen) Steuerausweis in einer Rechnung in diesen Fällen aufgehoben worden.
Zu beachten ist, dass sich dadurch auch eine Folgewirkung für die Anwendung der Differenzbesteuerung ergibt. Soweit das Altfahrzeug von einem Nichtunternehmer in Zahlung genommen wird, kann der Fahrzeughändler das Fahrzeug nach § 25a UStG im Rahmen der Differenzbesteuerung verkaufen. Soweit der verdeckte Preisnachlass vom Kraftfahrzeughändler umgesetzt wurde, musste auch der niedrigere gemeine Wert bei der Berechnung der Umsatzsteuer im Rahmen der Differenzbesteuerung berücksichtigt werden. Unter Anwendung der Neuregelung ist die Differenz nach § 25a Abs. 3 UStG ausgehend von dem subjektiven Wert des Altfahrzeugs zu ermitteln.