Dipl.-Ök. Wolfram Bartuschka
3.1 Verantwortlichkeit
In erster Linie stellt sich bei der Implementierung eines Tax Compliance Management Systems die Frage, in wessen Verantwortung das Projekt liegt bzw. wer dabei federführend ist. Das IDW sieht diese Verantwortung analog zur Verantwortung zur Einführung und Überwachung eines allgemeinen Compliance Management Systems klar bei den gesetzlichen Vertretern des Unternehmens. Typischerweise werden diese die Aufgabe zur Einrichtung und Umsetzung eines TCMS in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße und -struktur deligieren. Dies belässt allerdings die finale Verantwortung bei den gesetzlichen Vertretern. Kommt der Vorstand oder die Geschäftsführung dieser Pflicht nicht ordnungsgemäß nach, kann dadurch eine Schadensersatzpflicht gegenüber dem Unternehmen entstehen.
3.2 Ausgestaltung – die Grundelemente
Grundlegende Voraussetzung eines funktionsfähigen und effizienten Tax Compliance Management Systems ist, dass der gesamte Prozess unternehmensweit bekannt gemacht wird, nachvollziehbar ist und dokumentiert ist.
In der Praxis haben sich die folgenden vier Komponenten des TCMS etabliert, die sich auch als auf den Bereich der Steuern ausgestaltetes Subsystem der Governance Systeme der Unternehmen verstehen.
Die Komponenten des TCMS sind dabei die konkrete Ausgestaltung der sieben vom IDW benannten Grundelemente eines angemessenen Compliance Management Systems i. S. d. IDW PS 980. Die untereinander in Wechselwirkung stehenden Grundelemente sind: (1) Compliance-Kultur, (2) Compliance-Ziele, (3) Compliance-Risiken, (4) Compliance-Programm, (5) Compliance-Organisation, (6) Compliance-Kommunikation und (7) Compliance-Überwachung und Verbesserung.
(1) Tax Compliance-Kultur
Die im Unternehmen gelebte Compliance-Kultur ist die Grundlage dafür, für wie bedeutsam die Mitarbeiter des Unternehmens die Thematik Compliance halten. Geprägt wird diese zum einen durch das Verhalten der Unternehmensleitung im Umgang mit Compliance-Themen („tone-at-the-top“) und zum anderen dadurch, wie diese Themen von der Geschäftsführung und den Aufsichtsorganen in das Unternehmen hinein kommuniziert werden („tone-from-the-top“).
(2) Tax Compliance-Ziele
Auf Basis der allgemeinen Unternehmens- und Compliance-Ziele muss die Geschäftsführung spezielle Tax Compliance-Ziele festlegen. Denkbar sind dabei Ziele wie bspw. die Minimierung des steuerlichen Cash Flows oder die Maximierung des Unternehmenswerts durch Ertragsteueroptimierung. Neben diesen quantitativen Zielen können auch qualitative Ziele festgesetzt werden. Im Sinne der Vermeidung haftungsrechtlicher und anderer Risiken sollte die Einhaltung aller relevanten steuerlichen Vorschriften all derjenigen Länder, in denen die unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird, ein wesentliches qualitatives Ziel darstellen.
In diesem Zusammenhang sollte darauf geachtet werden, dass die festgelegten Ziele konsistent, verständlich, praktikabel und mit den verfügbaren Ressourcen des Unternehmens erreichbar sind und der Grad der Zielerreichung messbar ist.
(3) Tax Compliance-Risiken
Vor dem Hintergrund der gewählten Tax Compliance-Ziele werden Tax Compliance-Risiken definiert. Dabei ist eine Analyse der unternehmensspezifischen Risiken sowie die Erstellung eines Risikoprofils des Unternehmens geboten (ähnlich einer "Tax-Due-Diligence-Prüfung"). Die erkannten unternehmensspezifischen Risiken werden anschließend in Risikoklassen eingeordnet und hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit und Folgen gewichtet. In diesem Rahmen wird – falls nicht bereits vorhanden – ein Risikoerkennungs- und -beurteilungssystem eingeführt. Besonderer Fokus sollte dabei auf den Bereichen liegen, in denen in der Vergangenheit bereits Fehler aufgetreten sind, da diese auch in der Gegenwart und Zukunft besonders fehleranfällig sein könnten.
In der Praxis wird dabei häufig zunächst bestimmt, welche Steuerarten relevant sind. Typische Problemfelder sind in der Praxis u. a. Verrechnungspreise sowie Lohn- und Umsatzsteuer.
(4) Tax Compliance-Programm
Ziel des Tax Compliance-Programms ist es, den festgestellten Tax Compliance-Risiken präventiv (vorbeugend) oder detektiv (aufdeckend) durch Einführung von Grundsätzen und Maßnahmen entgegenzuwirken und so Compliance-Verstöße zu vermeiden. Präventive Maßnahmen können dabei z. B. Schulungen, Funktionstrennungen und Checklisten sein. Mögliche detektive Maßnahmen wären u. a. verschiedene prozessintegrierte Kontrollen wie das Vieraugenprinzip oder die systematische Auswertung von Daten.
Zusätzlich sollte die Unternehmensleitung im Rahmen des Programms festlegen, welche Maßnahmen im Falle einer Compliance-Verletzung zu ergreifen sind.
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