12.6.1 Einführung
Die ABC-Gruppe verfolgt seit rund 20 Jahren die Strategie, ihre Intellectual Properties (z. B. Technologien, Patente, Know-how, Marken, Designs u. a.) im Sitzland der Konzernobergesellschaft ABC AG zu zentralisieren (rechtliche und wirtschaftliche Eigentümerin). Eine entscheidende Rolle spielt dabei das Geschäftsmodell der Auftragsforschung. Im Zuge von M&A-Transaktionen werden beispielsweise werthaltige immaterielle Wirtschaftsgüter der akquirierten Unternehmen(-sgruppen) zur ABC AG transferiert, z. B. durch Verkauf oder Einbringung. Parallel dazu werden von der ABC AG Auftragsforschungsverträge mit den neuen verbundenen Unternehmen abgeschlossen, um der Entstehung von "IP-Inseln" nach dem IP-Transfer und damit einer Fragmentierung der IP-Eigentumsverhältnisse in der ABC-Gruppe entgegenzuwirken.
In der Vergangenheit reichte es aus, dass die ABC AG zunächst einen standardisierten Dienstvertrag zur Erbringung von Auftragsforschungsleistungen mit einem verbundenen Unternehmen abschloss. Auf dieser rechtlichen Grundlage wurden (bzw. werden) die entsprechenden lokalen F&E-Kosten der Konzernobergesellschaft in Rechnung gestellt, und zwar mithilfe der Kostenaufschlagsmethode (z. B. Entlohnung mit 8 % Gewinnaufschlag auf F&E-Vollkosten, fakturiert in lokaler Währung der leistenden Gesellschaft). Damit geht lokal neu entstehendes IP ins rechtliche Eigentum der ABC AG über und wird an die AG übertragen. Diese Verhältnisse haben sich seit dem Abschluss des OECD-BEPS-Projektes Ende 2015 deutlich geändert.
In Betriebsprüfungen an den Standorten der ausländischen verbundenen Gesellschaften, die – neben ihrem lokalen operativen Hauptgeschäft – zum Teil auch Auftragsforschungsservices als "Nebenleistungen" (wertmäßig) für die ABC AG erbringen, wird zunehmend infrage gestellt, ob bzw. dass die ABC AG die lokalen F&E-Aktivitäten tatsächlich steuert, kontrolliert und angemessen entlohnt, und zwar im Sinne des DEMPE-Konzeptes der 2017er OECD-Verrechnungspreisleitlinien (Kapitel VI).
Die Steuerabteilung, das Controlling und die F&E-Organisation der ABC-Gruppe sehen sich daher mit der neuen Herausforderung konfrontiert, die langjährig gelebte Praxis der Auftragsforschung in einer Art und Weise zu dokumentieren und zu verteidigen, die deutlich aufwendiger, detaillierter und umfassender ist, als es in früheren Jahren notwendig war. Die nachfolgenden Ausführungen beschreiben, wie die ABC AG dieser Herausforderung bislang erfolgreich begegnet, und zwar unter Federführung der Steuerabteilung, mit engagierter Unterstützung der verantwortlichen Controller, Forscher und Entwickler.
12.6.2 Ausgangspunkt der Dokumentation
In der ABC-Konzernsteuerabteilung wurde ein Ordnungsrahmen entwickelt, auf dessen Grundlage interne und externe Informationen zur Auftragsforschung und anderen Intercompany-Transaktionen zwischen verbundenen ABC-Unternehmen gezielter identifiziert, gesammelt, ausgewertet und dokumentiert werden können (vgl. Kapitel 12.6.3).
Das erleichtert der Steuerabteilung die interne Kommunikation mit dem Controlling, F&E-Management und der Rechtsabteilung, im Sinne einer "Übersetzung" des DEMPE-Konzepts der OECD und daraus abgeleiteten nationalen Dokumentationsvorschriften, in die tägliche Unternehmenspraxis. Es geht dabei um die Klärung der Frage, welche Informationen bei der Dokumentation von Auftragsforschung (oder anderen Intercompany-Transaktionen) hilfreich und relevant sein können, bzw. worauf die genannten internen ABC-Stakeholder besonders achten sollten. Dadurch wird im Zeitablauf allgemein auch eine Sensibilisierung für steuerliche Aspekte von Intercompany-Transaktionen in der ABC-Gruppe erreicht, was mittel- und langfristig zu einer besseren Einbindung der Steuerabteilung in die Beurteilung relevanter Transaktionen aus steuerlicher Sicht führt.
Durch den verbesserten Austausch und Informationsfluss zwischen der ABC-Steuerabteilung, den F&E-Controllern und anderen Fachabteilungen, z. B. im Rahmen regelmäßiger und geschäftsbereichsübergreifender Meetings der "Arbeitsgruppe Auftragsforschung", wird schließlich auch die inhaltliche Qualität der Dokumentation verbessert und ihre Belastbarkeit im Betriebsprüfungsfall erhöht.
12.6.3 Ordnungsrahmen für die Dokumentation
In Bezug auf werthaltige Beiträge zur Erstellung immaterieller Wirtschaftsgüter, z. B. im Rahmen von Auftragsforschungsverhältnissen im ABC-Konzern, ist festzustellen, dass das qualitative DEMPE-Funktionskonzept der OECD und seine Varianten ("DEMPEP"; "DAEMPE") funktions- und strukturbezogene Merkmale aufweisen, und zwar im Sinne der Beantwortung der Frage: "Wer macht was?".
Einerseits stehen die Elemente des Funktionsmerkmals in direktem Zusammenhang mit der von be...