Nach den bisherigen Überlegungen sollen die Fixkosten, man könnte sagen ›die Kosten der Bereitschaft‹, den leistungsbeziehenden Bereichen zugeordnet werden, ohne dabei Umlagen einzusetzen. Vorbehaltlich der unten erläuterten Vollkosten-Variante, es geht dabei insbesondere um die Herstellungskosten, müssen direkte Kostenbeziehungen identifiziert werden. Controller sprechen gerne von echten Einzelkosten. Dabei werden zunächst die Kosten der Leistungserstellung gemäß der Inanspruchnahme der Leistung (Leistungsmenge) zugerechnet und anschließend die Kosten der Bereitstellung pro Periode. Diese Variante wird daher auch Two-Step-Pricing genannt.
Einzelkosten liegen immer dann vor, wenn ein Mitarbeiter oder eine Maschine ausschließlich für einen Kunden, ein Produkt, eine Dienstleistung etc. tätig ist. Einzelkosten ergeben sich auch, wenn aufgrund eindeutiger Beauftragung gearbeitet wird. Ein typisches Beispiel im Dienstleistungsbereich wäre die Verlängerung der Callcenterzeiten für eine Sparte. Dabei ist darauf zu achten, dass die anderen Sparten nicht als ›Trittbrettfahrer‹ von der verlängerten Zeit profitieren. Das könnte z. B. mittels separater Telefonnummern sichergestellt werden. Hier kann das ›Kneipenprinzip‹ angewandt werden: Wer bestellt, bezahlt auch. Das Pendant zum Callcenterbeispiel könnte in der Fertigung die Einrichtung einer dritten Schicht sein, die nur für eine Sparte erfolgt. Höhere Strukturkosten ergeben sich z. B. aus Nachtzulagen oder dem zusätzlichen Gehalt, das für einen weiteren Meister erforderlich wird.
In der betrieblichen Praxis ist ein solcher Sachverhalt leider nicht so eindeutig, wie er eben beschrieben wurde. Dazu nachfolgendes Beispiel: Im aktuellen Jahr sind noch freie Kapazitäten in der Fertigung vorhanden. Für das Planjahr planen mehrere Sparten zugleich eine höhere Absatzmenge. Dadurch wird eine dritte Schicht benötigt. Sofort ergibt sich ein Zuordnungsproblem. Die dritte Schicht kann keinem Abnehmer eindeutig, d. h. im Sinne von Einzelkosten, zugeordnet werden. Es bedarf in solchen Fällen einer pragmatischen Näherung, wenn die Strukturkosten nicht wie in diesem Beispiel bei der Fertigung verbleiben sollen. Hier empfiehlt es sich, die anteiligen Maschinenbelegungszeiten als die Relation für die Verrechnung der Strukturkosten zu nehmen.
Nicht richtig wäre dagegen die Aufteilung gemäß der geplanten Absatzerhöhung. Das gilt sowohl für die absolute wie auch die relative Erhöhung. Der Absatz ist als Bezugsgröße grundsätzlich nicht geeignet, weil verschiedene Produkte die Maschinen unterschiedlich lange belegen. Zudem wird durch die Erhöhung der zugerechneten Kosten derjenige bestraft, der seinen Absatz am stärksten ausgeweitet hat. Die Ressourcensteuerung soll aber nicht die Veränderung von einer Periode zur nächsten abbilden, sondern die gesamte Inanspruchnahme der Ressourcen. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn durch die Mengenausweitung die Kosten überproportional steigen. Beispiele dafür wären Nachtzuschläge, überproportional steigende Instandhaltungs- oder Energiekosten, die Kosten eines weiteren Meisters als Schichtleiter usw.
Rechnen wir dazu ein Beispiel (ohne Investitionsbedarf) in verschiedenen Varianten durch, um die Konsequenzen unterschiedlicher Kostenaufteilungen besser beurteilen zu können.
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Abnehmer A |
Abnehmer B |
Aktuelle Inanspruchnahme |
10.000 h |
40.000 h |
Geplante Inanspruchnahme |
11.000 h |
42.000 h |
Anstieg um |
10 % |
5 % |
Kompletter Unsinn wäre die Aufteilung des prozentualen Anstiegs. Es würde bedeuten, dass bisherige und dazukommende Strukturkosten überproportional dort zugerechnet werden, wo das Mengenwachstum am höchsten war. Das Wachstum ist eine Prozentgröße und hängt darum von der Basisgröße ab. Junge Geschäftsfelder am Anfang des Produktlebenszyklus werden damit systematisch benachteiligt. Die Gefahr ist groß, solche Geschäftsbereiche bereits zu Beginn ihres Lebenszyklus ›totzurechnen‹. Ein Effekt, der auch beim obigen Zahlenbeispiel eintreten würde.
Falsch wäre aber auch das scheinbar Naheliegende: 3.000 Stunden Zusatzbedarf im Verhältnis 2:1 sollten nicht zu einer entsprechenden Kostenaufteilung bezüglich der bereits angesprochenen überproportional steigenden Kosten führen. Ein typisches Beispiel wären Nachtzuschläge. Es könnte sonst nämlich sein, dass der Konzern vom Zusatzgeschäft zwar profitiert, aber eine Sparte scheinbar eine Verschlechterung des Ergebnisses erzielt. In unserem Beispiel wird dies A sein. Aber der Reihe nach: Zunächst ist aus Konzern-Sicht zu prüfen, ob sich die Kapazitätserweiterung lohnt. Werden die Kosten für die 3.000 zusätzlich benötigten Stunden durch die zusätzlichen Deckungsbeiträge wieder ›hereinverdient‹?
Das kann nicht anhand der verrechneten Produkt- und/oder Strukturkosten abgebildet werden. Überhaupt ist kein Verrechnungspreis in der Lage, das zu leisten. Es würde die Logik der Entscheidung für oder wider eine Produktionsausweitung auf den Kopf stellen: Zuerst wird die Entscheidung getroffen, dann wird über die Verrechnungspreise ...