3.4.1 Allgemeines zum Leistungsort
Für den umsatzsteuerlichen Ort von Dienstleistungen (deutsches Recht: "sonstige Leistung", Begriffe werden im Folgenden synonym gebraucht) gelten besondere Vorschriften. Grundsatz ist, dass eine Dienstleistung ihren umsatzsteuerlichen Leistungsort dort hat, wo der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt (vgl. § 3a Abs. 1 UStG und Art. 45 MwStSystRL). Wenn er jedoch über eine feste Niederlassung (Betriebsstätte – Begriffe werden im Folgenden synonym gebraucht) in einem anderen Staat verfügt und diese die Dienstleistung erbringt, ist stattdessen als Leistungsort der Ort der entsprechenden Betriebsstätte maßgeblich (vgl. § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG und Art. 45 Satz 2 MwStSystRL.
Abweichend hiervon gilt seit dem 01.01.2010 (sog. Mehrwertsteuerpaket der EU) für Dienstleistungen zwischen Unternehmen, welche für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind, das sogenannte Empfängerortsprinzip. Damit verlagert sich der umsatzsteuerliche Leistungsort für Dienstleistungen zwischen Unternehmen regelmäßig an den Ort, an dem der Empfänger sein Unternehmen betreibt (vgl. § 3a Abs. 2 UStG Art. 44 MwStSystRL). Verfügt der Empfänger über eine umsatzsteuerliche Niederlassung in einem anderen Staat und empfängt diese Dienstleistung, so befindet sich der Leistungsort am Ort dieser Betriebsstätte (vgl. § 3a Abs. 2 Satz 2 UStG und Art. 44 Satz 2 MwStSystRL).
3.4.2 Besondere Vorschriften
Zusätzlich gelten trotz der umfassenden Änderung durch das sogenannte Mehrwertsteuerpaket der EU zum 01.01.2010 noch eine Reihe besondere Vorschriften für den umsatzsteuerlichen Leistungsort einzelner Dienstleistungen. Diese sind in Deutschland in den §§ 3a bis 3f UStG geregelt und basieren mit Ausnahme des § 3f UStG (vgl. dazu Weimann, in Weimann/Lang, Umsatzsteuer national und international, Anm. 9 zu § 3f UStG, per 01.01.2020 wegen Unionsrechtswidrigkeit abgeschafft) grundsätzlich auf den unionsrechtlichen Vorgaben. Wichtig sind v. a. die im Folgenden kurz vorgestellten besonderen Vorschriften für den Ort von Dienstleistungen, wobei zunächst auf die Vorschriften eingegangen wird, die auch für Leistungen an andere Unternehmer für deren Unternehmen gelten.
Eine Personenbeförderungsleistung gilt dort als ausgeführt, wo die Personenbeförderung erbracht wird (vgl. § 3b UStG bzw. Art. 48 MwStSystRL). Dies bedeutet, dass eine rein inländische Personenbeförderung vollständig im Inland der Umsatzsteuer unterworfen wird. Bei einer grenzüberschreitenden Personenbeförderung gilt das Grundprinzip einer Aufteilung der Besteuerung nach der Beförderungsstrecke mit Sondervorschriften für kurze Strecken in einem anderen Staat (vgl. §§ 2 bis 7 UStDV). Zu den Personenbeförderungsleistungen gehören v. a. Flüge, Bahntickets, Busfahrten, Taxifahrten, Fähren und ähnliche Leistungen. Die Vorschrift des § 5 UStDV (keine Steuerpflicht bei kurzen Straßenstrecken im Inland) tritt zum 01.07.2021 außer Kraft.
Beispiel
Der deutsche selbstständige Rechtsanwalt Carl Clever fährt bei einer Dienstreise in London mit dem Paddington Express vom Flughafen Heathrow in die Stadt und von dort mit dem Taxi zu einem Mandanten. Beide Vorgänge werden mit britischer Mehrwertsteuer abgerechnet.
Eine weitere wichtige Sonderregelung betrifft sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück (vgl. § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG bzw. Art. 47 MwStSystRL). Diese gelten dort als ausgeführt, wo sich das Grundstück befindet. Zu den hiervon erfassten Leistungen gehören v. a. die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, die Leistungen von Maklern oder Notaren beim Abschluss von Grundstücksverträgen, aber auch die Rechtsberatung in Grundstücksangelegenheiten, Bauleistungen an Grundstücken usw. (vgl. Art. 31a und 31b MwStVO sowie Abschn. 3a.3 UStAE). Unter diese Regelung fallen auch Hotelübernachtungen.
Beispiel
Der deutsche selbstständige Rechtsanwalt Carl Clever übernachtet bei einer Dienstreise in London in einem Hotel. Die Hotelrechnung weist zutreffend britische Mehrwertsteuer aus.
Wenn ein Beförderungsmittel kurzfristig vermietet wird, befindet sich der umsatzsteuerliche Leistungsort grundsätzlich an dem Ort, an dem das Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird (vgl. § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG bzw. Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL). Kurzfristigkeit bedeutet bei Wasserfahrzeugen nicht mehr als 90 Tage und bei anderen Beförderungsmitteln nicht mehr als 30 Tage.
Beispiel
Der deutsche selbstständige Rechtsanwalt Carl Clever nutzt am Folgetag einen Mietwagen, weil er einen Termin in Cambridge wahrnehmen möchte. Der Mietwagenanbieter rechnet zutreffend britische Mehrwertsteuer ab.
Die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung) ist regelmäßig am Ort der tatsächlichen Leistungserbringung zu besteuern (vgl. § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b UStG bzw. Art. 55 MwStSystRL). Ausnahmen gelten bei Abgabe an Bord eines Schiffes, Luftfahrzeugs oder einer Eisenbahn während einer Beförderung im Gemeinschaftsgebiet. In diesen Fällen erfo...