Besondere Vorsicht ist geboten, wenn ein deutscher Unternehmer Waren an einen britischen Abnehmer liefert und die Ware in einen anderen Mitgliedstaat der EU transportiert werden soll. Eine Ausfuhrlieferung setzt nämlich voraus, dass die Ware in das sogenannte Drittlandsgebiet gelangt (vgl. § 6 UStG). Dies wäre im genannten Fall nicht gegeben. Somit kann eine Steuerbefreiung nur nach den Vorschriften für die innergemeinschaftliche Lieferung (vgl. § 6a UStG) in Betracht kommen.
Zu den Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung gehört regelmäßig der Nachweis, dass der Vorgang beim Abnehmer der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen ist. Wie bereits beschrieben, wird dieser Nachweis normalerweise mit einer gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (vgl. § 27a UStG) aus einem anderen Mitgliedstaat der EU geführt. Ab dem 01.01.2020 ist diese Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sogar nach einer Rechtsänderung materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung (vgl. Art. 138 MwStSystRL n. F. und § 6a Abs. 1 Nr. 4 UStG).
Nicht Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist allerdings, dass die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aus dem Bestimmungsmitgliedstaat stammt (vgl. Abschn. 6a.1 Abs. 12 ff. UStAE).
Bis zum Vollzug des Austritts sind britische Umsatzsteuer-Identifikationsnummern solche Nummern "aus einem anderen Mitgliedstaat der EU". Demzufolge konnten sie im dargestellten Fall als tauglicher Nachweis für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung dienen. Dies ändert sich jedoch nach dem Austritt, da nunmehr Großbritannien umsatzsteuerlich zum Drittstaat wird. Gibt ein britischer Abnehmer nunmehr für eine Warenlieferung mit Ziel in einem anderen Mitgliedstaat der EU seine britische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer an, fehlt es am notwendigen Nachweis für die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung und diese ist grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig.
Beispiel
Die deutsche Fritz GmbH verkauft Ware an die britische Pickwick Limited. Es wird vereinbart, die Ware unmittelbar nach Dublin, Irland zu liefern. Die britische Pickwick Limited gibt eine britische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer an. Erfolgt die Lieferung vor dem Austritt aus der EU, handelt es sich um eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung aus Deutschland nach Irland. Erfolgt sie danach, ist die Lieferung umsatzsteuerpflichtig.
Praxishinweis
Vorsicht nach dem Brexit, wenn Waren an einen britischen Unternehmer verkauft und in die EU geliefert werden. Eine britische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist kein tauglicher Nachweis mehr für die Steuerbefreiung.