Rechnungen erstellen in Sonderfällen


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Anforderungen: Rechnungen erstellen in Sonderfällen

Bestimmte Geschäfte unterliegen Sondervorschriften, die bei der Erstellung von Rechnungen beachtet werden müssen. Doch Vorsicht: Um von Steuervorteilen zu profitieren, müssen zahlreiche Nachweispflichten erfüllt werden. Nachfolgend informieren wir Sie mit einer Auswahl der wichtigsten Sonderfälle. 

Anzahlungen und Teilleistungen

Ist die Leistung nicht teilbar und werden Anzahlungen geleistet, entsteht die Umsatzsteuer mit Vereinnahmung der Vorauszahlungen.

Ist eine Leistung grundsätzlich teilbar, kann auch über Teilleistungen abgerechnet werden. Die Umsatzsteuer entsteht mit Vollbringen der jeweiligen Teilleistung.

Sowohl bei Rechnungen über Anzahlungen als auch bei Abrechnung von Teilleistungen ist Umsatzsteuer auszuweisen. In der Endrechnung (= Schlussrechnung) ist auf die vorherigen Rechnungen und Zahlungen hinzuweisen und deren Betrag anzurechnen. Werden in der Endrechnung die vor Leistungsausführung vereinnahmten Beträge und die hierauf entfallenden Steuerbeträge nicht berücksichtigt, ist der gesamte Steuerbetrag aus der Endrechnung an das Finanzamt abzuführen. Die in der Endrechnung nicht berücksichtigte Umsatzsteuer aus den im Vorfeld vereinnahmten Beträgen wird gem. § 14c UStG geschuldet.

Elektronische Rechnung

Durch das sog. Wachstumschancengesetz wurde die elektronische Rechnung für Umsätze zwischen im Inland ansässigen Unternehmern ab dem Ab dem 1. Januar 2025 in Deutschland die verpflichtend. , wenn der Leistungsempfänger die Leistung für sein Unternehmen empfängt, verpflichtend eingeführt (§ 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG). Eine Zustimmung des Rechnungsempfängers zur Erteilung einer elektronischen Rechnung ist daher nicht erforderlich. Dagegen gilt die neue Pflicht zur Erteilung einer elektronischen Rechnung nicht, wenn einer der beteiligte Unternehmer im Ausland ansässig ist. Somit wird z.B. in vielen Fällen der Ausfuhrlieferung keine Pflicht zur Erteilung einer elektronischen Rechnung bestehen. 

Im Zuge der Neuregelung wurde auch der Begriff elektronische Rechnung gesetzlich definiert. Eine solche liegt vor, wenn sie ein bestimmtes strukturiertes elektronisches Format aufweist und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht (§ 14 Abs. 1 Satz 3 UStG). Technisch muss das elektronische Verfahren der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen entsprechen. Ebenfalls möglich ist ein anderweitiges, zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger vereinbartes Format, wenn dieses Format eine richtige und vollständige Extraktion in ein Format ermöglicht, das der genannten Syntax entspricht oder mit ihr interoperabel ist. Die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen die Formate X-Rechnung (X-Standard) und ZUGFeRD ab Version 2.0.1. Die Übermittlung der elektronischen Rechnung muss in elektronischer Form (z. B. per E-Mail oder als Download über ein Portal) erfolgen.

Wie bisher auch muss die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der elektronischen Rechnung gewährleistet sein, wobei Lesbarkeit hier bedeutet, dass die XML-Datei maschinell auswertbar sein muss. Eine zusätzliche Übermittlung eines menschenlesbaren Dokuments neben dem maschinell auswertbaren Dokument ist möglich, aber nicht erforderlich. Da es sich bei einer Gutschrift um eine Sonderform der Rechnung handelt, ist auch in diesem Fall eine elektronische Rechnung erforderlich.

Für Sondergruppen von Rechnungen wie Kleinbetragsrechnungen oder Fahrausweise gilt eine Ausnahme von der Pflicht zur Ausstellung einer elektronischen Rechnung nach neuer Definition. Gleiches gilt für bestimmte, nämlich nach § 4 Nr. 8 bis Nr. 29 UStG, umsatzsteuerfreie Umsätze. Damit entfällt z.B. für umsatzsteuerfreie Vermietungen zwischen inländischen Unternehmern die Pflicht zur Erteilung einer elektronischen Rechnung. 

Dagegen gibt es keine Ausnahme von der Pflicht zur Erstellung einer elektronischen Rechnung für:

  • Umsätze, die unter § 13b UStG (Umkehr der Steuerschuldnerschaft) fallen,
  • Umsätze, die unter § 24 UStG (Durchschnittssteuersatz für Land- und Forstwirtschaft) fallen,
  • Umsätze, die unter § 25 UStG (Reiseleistungen) fallen,
  • Umsätze, die unter § 25a UStG (Differenzbesteuerung) fallen und
  • Umsätze, die von Kleinunternehmern

getätigt werden 

Achtung: Sofern der leistende Unternehmer verpflichtet ist, eine elektronische Rechnung neuen Rechts zu erteilen, dies aber unterlässt, ist der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger gefährdet. 

Weitere Informationen zum Thema E-Rechnung hier.

Gutschrift

Die Gutschrift verpflichtet den Leistenden zur Umsatzsteuerzahlung und berechtigt den Leistungsempfänger, also den Aussteller der Gutschrift, zum Vorsteuerabzug. Der Abrechnungsbeleg muss zwingend mit dem Wort Gutschrift bezeichnet sein.

Innergemeinschaftliche Lieferung

Werden Waren an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen in die EU verkauft (= innergemeinschaftliche Lieferung), ist der Unternehmer verpflichtet bis zum 15. des dem Umsatz folgenden Monats eine Rechnung auszustellen. Darin sind sowohl die USt-ID-Nr. des Leistenden als auch die des Leistungsempfängers anzugeben.

Fahrausweise

Fahrausweise sind Belege, die einen Anspruch auf eine (künftige) Beförderung von Personen verbriefen. Dazu gehören auch Zuschlags- oder Platzkarten. Quittungen über eine Taxibenutzung sind keine Fahrausweise.

Fahrausweise gelten als Rechnungen und berechtigen zum Vorsteuerabzug, wenn sie folgende Mindestangaben enthalten:

  • Vollständiger Name und Anschrift des Beförderers,
  • Ausstellungsdatum,
  • Entgelt und Steuerbetrag in einer Summe
  • Steuersatz, wenn die Beförderungsleistung nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegt und
  • Hinweis auf grenzüberschreitende Beförderung im Luftverkehr (falls vorliegend).

Ein Vorsteuerabzug ist auch aus mittels Online-Verfahren erstellten Fahrausweisen möglich, wenn

  • die Belastung des Kaufpreises auf einem Kunden- oder Kreditkartenkonto erfolgt und
  • der Rechnungsempfänger einen Papierausdruck des im Online-Verfahren abgerufenen Fahrausweises aufbewahrt.

Rechnungen eines Kleinunternehmers

Unternehmer, deren Umsatz zzgl. Umsatzsteuer im vorangegangenen Kalenderjahr  22.000 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird, brauchen als Kleinunternehmer ihre Umsätze nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Ein Steuerausweis in Ausgangsrechnungen ist nicht zulässig. Ebenso kann keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt werden.

Allerdings sind auch hier die Pflichtangaben in der Rechnung zu beachten. Insbesondere muss der Leistende seine Steuernummer angeben.

Rechnungen über Reiseleistungen

Werden Reiseleistungen abgerechnet, so kann § 25 UStG angewendet werden. Die Vorschrift ist einschlägig, wenn ein Unternehmer eine Reiseleistung erbringt und hierbei entsprechende Vorleistungen von einem oder mehreren anderen Unternehmern verwendet. Besteuert wird dann die Differenz zwischen dem für die Reiseleistung erhaltenen Betrag abzgl. dem für die Vorleistung gezahlten Betrag. In der Rechnung muss auf die Besteuerung von Reiseleistungen hingewiesen werden. Zwingender Hinweis: "Sonderregelung für Reisebüros". Ein gesonderter Ausweis von Umsatzsteuer in der Rechnung ist nicht zulässig. Ein fehlender Hinweis auf die besondere Besteuerung der Reiseleistungen löst keine Umsatzsteuer hinsichtlich des vereinnahmten Betrags aus.

Rechnungen über Differenzgeschäfte

Bei der Veräußerung von Gegenständen durch einen Wiederverkäufer, für die beim Einkauf kein Vorsteueranspruch bestand, kann die Umsatzsteuer aus der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis (Marge) berechnet werden. Ein gesonderter Ausweis dieser Umsatzsteuer ist nicht zulässig. Ein Vorsteuerabzug für den Abnehmer entfällt. In der Rechnung ist auf die Anwendung der Vorschrift (Differenzbesteuerung) hinzuweisen.

Zwingender Hinweis in der Rechnung, je nach zugrunde liegendem Geschäft:

  • "Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung",
  • "Kunstgegenstände/Sonderregelung" oder
  • "Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung".

Ein fehlender Hinweis auf Differenzbesteuerung löst keine Umsatzsteuer hinsichtlich des vereinnahmten Betrags aus. 

Rechnung bei Exporten in Nicht-EU-Länder

Lieferungen in Nicht-EU-Länder (sog. "Drittländer"),  sind i. d. R. als Ausfuhren umsatzsteuerfrei. Der Nachweis wird regelmäßig über einen Zollbeleg als Ausfuhrnachweis geführt. Die Rechnung ist ohne Steuerausweis mit Hinweis auf die Ausfuhr zu erstellen. 

Rechnung bei Exporten in EU-Länder

Innergemeinschaftliche Lieferungen

Lieferungen in das Gebiet der Europäischen Union sind nur dann umsatzsteuerfrei, wenn die Lieferung an einen ausländischen Unternehmer erfolgt; Lieferungen an Privatpersonen sind umsatzsteuerpflichtig (anders als bei einer sog. Ausfuhrlieferung in "Drittländer" = Nicht-EU-Länder). Darüber hinaus muss der Erwerber bei einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung den gelieferten Gegenstand für sein Unternehmen verwenden.

Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Zur Begründung der Umsatzsteuerfreiheit muss dem Finanzamt die Unternehmereigenschaft des EU-Abnehmers nachgewiesen werden. Dies erfolgt mittels Angabe des Abnehmers und seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Umsatzsteuer-Identifikationsnummern werden nur an Unternehmen erteilt. In Deutschland kann die Echtheit einer ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer über das Bundeszentralamt für Steuern abgefragt werden.

Gelangensbestätigung – Aufzeichnungsvorschriften

Zusätzlich muss ein Nachweis darüber geführt werden, dass der EU-Empfänger die Ware tatsächlich erhalten hat (vgl. § 17a und b UStDV; Aufzeichnungsvorschriften § 22 Abs. 4f und 4g UStG beachten).

Zusammenfassende Meldung

Der Unternehmer hat monatlich (bzw. für jedes Quartal bei vierteljährlichen Umsätzen von bis zu 50.000 EUR) in einer sog. "Zusammenfassenden Meldung" (ZM) seine innergemeinschaftlichen Warenlieferungen (Lieferungen in den EU-Raum) an das Bundeszentralamt für Steuern in Saarlouis zu melden.

In der Meldung sind die Lieferungen nach Staaten und Abnehmern unter Angabe der Entgelte und der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern aufzuführen.

Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte

Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer, liegt ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor, wenn

  • die Unternehmer in jeweils verschiedenen Mitgliedstaaten für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst sind,
  • der Gegenstand der Lieferungen aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt und
  • der Gegenstand der Lieferungen durch den ersten Lieferer oder den ersten Abnehmer befördert oder versendet wird.

Auch hier muss in der Rechnung ein entsprechender Vermerk über die Art des Umsatzes ("innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft") angebracht werden, wenn die Besteuerung vom Empfänger der Ware vorgenommen werden muss.

Rechnungen über elektronische Dienstleitungen an Endverbraucher in der EU

Seit 1.1.2015 gilt das sog. MOSS-Verfahren ("Mini-one-stop-shop"). Der Ort für elektronische Dienstleistungen, die an Endverbraucher in der EU ausgeführt werden, liegt grundsätzlich am Wohnort des Leistungsempfängers. Es gelten grundsätzlich die Regelungen des EU-Staates, in dem der Leistungsempfänger wohnt. Dies umfasst auch die Vorschriften über die Rechnungsausstellung.

Seit 1.1.2019 gilt die Ortsverlagerung an den Wohnort des Leistungsempfängers nicht, wenn der Gesamtbetrag der vom Unternehmer erbrachten maßgebenden Leistungen (sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen) nicht mehr als 10.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) im Vorjahr betragen hat und auch im laufenden Jahr diesen Wert nicht übersteigt. Bzgl. der Rechnungsstellung verbleibt es in diesem Fall bei den im Staat des Leistenden geltenden Vorschriften. Auf Antrag ist jedoch auch bei Unterschreiten des Grenzwertes von 10.000 EUR eine Option zur Ortsverlagerung möglich.

Ab 1.7.2021 wurde der Anwendungsbereich des MOSS-Verfahrens erweitert und zum sog. OSS-Verfahren ("One-stop-shop") umgestaltet. Bzgl. der Regelungen zu elektronischen Dienstleistungen an Endverbraucher in der EU ergeben sich keine Änderungen im Vergleich zum MOSS-Verfahren. Regelungen zum Besteuerungsverfahren sind gesetzlich nunmehr aber in § 18j UStG geregelt.

Wenn ein in Deutschland ansässiger Unternehmer eine entsprechende Leistung an einen in einem in der EU ansässigen Endverbraucher erbringt, darf er in der Rechnung keine (deutsche) Umsatzsteuer gesondert ausweisen.