2.2.3.1 Lager in Großbritannien
Falls ein Unternehmen in Großbritannien einen Warenbestand unterhält, stellt sich die Frage nach dessen zollrechtlicher Einordnung ab Austrittstermin. Grundsätzlich handelt es sich bei den Waren bis zum Austrittstermin um Unionswaren, da sie zollrechtlich nie ausgeführt wurden. Wenn bisher für das Lager kein besonderes Zollverfahren genutzt wurde, müsste nach allgemeinen zollrechtlichen Grundsätzen keine Einfuhr in Großbritannien erklärt werden. Vielmehr gilt die Ware bereits als eingeführt.
Der deutsche Zoll hat inzwischen seine zunächst erfolgte Auffassung geändert und erklärt, dass er sich der Europäischen Kommission anschließt und grundsätzlich bereit ist, die Regelung für Rückwaren (vgl. Art. 203 UZK) anzuwenden. Rückwaren bedeutet, dass eine entsprechend begünstigte Ware innerhalb von drei Jahren bei der Wiedereinfuhr grundsätzlich nicht verzollt werden muss. Da bei vor dem Brexit nach Großbritannien gelangten Waren kein zollrechtliches Ausfuhrverfahren für die Warenbewegung aus der EU durchgeführt wurde, fehlt es an dem eigentlich für eine Rückware notwendigen Nachweis. Dieser ist daher mit geeigneten alternativen Unterlagen zu führen. Der Zoll weist insbesondere auf Beförderungsdokumente als denkbare Nachweise hin.
Bei einem in einem EU-Mitgliedstaat zugelassenen Straßenkraftfahrzeug gilt der Status als Unionsware als nachgewiesen, wenn das Fahrzeug von seinem amtlichen Kennzeichen und den Zulassungsunterlagen begleitet wird. Es kann dann ohne weitere Förmlichkeiten wieder in die EU eingeführt werden (Art. 208 UZK-IA). Sämtliche neuen Bewegungen aus einem deutschen Bestand in ein britisches Lager ohne Wechsel der relevanten Eigentümerstellung stellen zollrechtlich vorbehaltlich der Eröffnung eines abweichenden Zollverfahrens (beispielsweise Veredelungsverkehr) Ausfuhrtatbestände dar. Dementsprechend verlieren die Waren zollrechtlich ihre Eigenschaft als Unionsware. Gelangen sie später wieder in die EU, löst dies Einfuhrabgaben aus, vorbehaltlich einer Nutzung der Regelung für Rückwaren.
Praxishinweis
Unternehmen, die Waren in Großbritannien lagern, müssen nach dem Brexit die Zollvorschriften beachten. Diese sind sowohl für Lagerbeschickungen als auch für eventuelle Rücksendungen bedeutsam. Fehler können zu Abgabenbelastungen führen.
2.2.3.2 Lager in Deutschland
Befinden sich britische Waren in einem deutschen Lager, für das nicht ein besonderes Zollverfahren genutzt wird, so kommt es im Zeitpunkt des Austritts des VK aus der EU nicht zu einem Einfuhrtatbestand. Da die Ware als Unionsware aus Großbritannien nach Deutschland gebracht wurde, gilt sie vielmehr bereits als eingeführt. Neue Lagerbewegungen aus Großbritannien nach Deutschland erfordern allerdings zwingend ein Zollverfahren. Entweder müssen die Waren eingeführt werden oder es wird ein besonderes Zollverfahren beantragt und bewilligt (insbesondere Zolllagerverfahren, vgl. Abschnitt 2.6.4).