Unverzinsliche Forderungen
Es ist anerkannt, dass die Unverzinslichkeit einer noch nicht fälligen Forderung deren Teilwert aktuell mindert: Eine unverzinsliche Forderung, die erst in geraumer Zeit eingezogen werden kann, ist weniger wert als eine gleich hohe Forderung, die alsbald fällig ist. Eine andere Frage ist, ob die Unverzinslichkeit zur Annahme einer "voraussichtlich dauernden" Minderung des Teilwerts nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG führt.
Der BFH hat seine Rechtsprechung bestätigt, dass die auf der Unverzinslichkeit einer im Anlagevermögen gehaltenen Forderung beruhende Teilwertminderung keine voraussichtlich dauernde Wertminderung ist und deshalb keine Teilwertabschreibung rechtfertigt. Der Wert einer unverzinslichen Forderung steige in der Folge zwangsläufig sukzessive an und erreiche im Fälligkeitszeitpunkt den Nominalbetrag der Forderung. Die mit der Unverzinslichkeit einer noch nicht fälligen Forderung verbundene Wertminderung erweise sich somit unter dem zeitlichen Blickwinkel jedenfalls dann, wenn sich darin nicht ein Risiko hinsichtlich der Rückzahlung widerspiegele, als nur vorübergehend und folglich als nicht dauerhaft.
Die Entscheidung führte in der Vergangenheit zu dem nachteiligen Ergebnis, dass z. B. im Rahmen einer Betriebsaufspaltung das Besitzunternehmen die Unverzinslichkeit der Forderung nicht zu einer Teilwertabschreibung nutzen kann, während die Betriebs-GmbH die Rückzahlungsverpflichtung wegen der Unverzinslichkeit nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG in jedem Fall abzuzinsen hatte. Dass eine unverzinsliche Forderung beim Schuldner abzuzinsen ist, hat der BFH bestätigt. Die Abzinsung der Verbindlichkeit beim Schuldner konnte aber in der Praxis durch die Vereinbarung einer geringen Verzinsung vermieden werden.
Abzinsungsgebot wurde aufgehoben
Nach der bisherigen Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG waren unverzinsliche Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mindestens zwölf Monaten unter Berücksichtigung eines Rechnungszinsfußes von 5,5 % abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung waren Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.
§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG a. F. wurde durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz aufgehoben. Der neue § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2022 enden. Auf Antrag kann § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG n. F. auch für frühere Wirtschaftsjahre angewendet werden Wurde ein Darlehen abgezinst, ist also für Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.2022 eine gewinnmindernde Zuschreibung auf den Nennwert zwingend, für davor liegende Wirtschaftsjahre auf Antrag möglich.
Teilwertabschreibung auf Gesellschafterdarlehen bei Betriebsaufspaltung
Im Fall einer Betriebsaufspaltung kann nach gefestigter Rechtsprechung eine Forderung des Besitzunternehmens gegen die Betriebsgesellschaft nur nach denselben Kriterien abgeschrieben werden, die für die Teilwertberichtigung der Beteiligung am Betriebsunternehmen durch das Besitzunternehmen bestehen. Im Rahmen einer Betriebsaufspaltung können also notleidende Darlehensforderungen eines Besitzunternehmers gegen die Betriebsgesellschaft aufgrund funktioneller Einheit beider Unternehmen nur unter denselben Bedingungen teilwertberichtigt werden wie die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft selbst.