Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung der gegen eine GmbH in Liquidation ergangenen Prüfungsanordnung: erst in der Einspruchsentscheidung zugestandene Prüfung an Amtsstelle, trotz abweichenden Wirtschaftsjahres der GmbH Angabe des jeweiligen Kalenderjahres als Prüfungszeitraum, auch umsatzsteuerliche Prüfung der GmbH trotz möglichen Organschaftsverhältnisses zum Gesellschafter
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat das FA dem im Einspruchsverfahren gegen die Prüfungsanordnung bei der GmbH in Liquidation gestellten Antrag, die Prüfung an Amtsstelle durchzuführen, spätestens in der Einspruchsentscheidung entsprochen, ist insoweit eine gegen den Prüfungsort gerichtete Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
2. Eine an ein Unternehmen mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr gerichtete Prüfungsanordnung ist nicht etwa deshalb unbestimmt und unwirksam, weil in der Prüfungsanordnung versehentlich jeweils auf das Kalenderjahr bezogene Prüfungszeiträume angegeben sind. Prüfungsfeststellungen für außerhalb des in der Prüfungsanordnung genannten Zeitraums liegende Zeiträume können ggf. einem Verwertungsverbot unterliegen, was allerdings die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung selbst unberührt lässt.
3. Eine gegen eine GmbH gerichtete Prüfungsanordnung kann auch dann rechtmäßig sein, wenn die GmbH möglicherweise umsatzsteuerlich im Verhältnis zu ihrem Gesellschafter eine Organgesellschaft ist.
Normenkette
AO §§ 193, 196, 119 Abs. 1, § 124 Abs. 1 S. 2; FGO § 40 Abs. 2; BpO § 5 Abs. 2; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 27.04.2016; Aktenzeichen I B 94/15) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung.
Die Klägerin ist eine in Liquidation befindliche GmbH. Gesellschafter der im Jahr 2008 gegründeten GmbH sind Herr Dr. med. ABC mit einer Beteiligung von 99% und Frau ABC mit einem Geschäftsanteil von 1%. Zum Geschäftsführer wurde Herr Dr. ABC berufen. Geschäftsgegenstand ist die „Erbringung von ärztlichen Leistungen als Facharzt für innere Medizin und als Diabetologe DDG sowie alle hiermit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten, außerdem die Durchführung von Schulungen und Seminaren”. Nachdem im Jahr 2009 zwei Partnerschaftsgesellschaften auf die Klägerin verschmolzen wurden und die Klägerin nach eigenen Angaben im Mai 2010 ihr wesentliches Vermögen veräußert habe, beschloss die Gesellschafterversammlung im April 2013 mit Wirkung vom 1. Juli 2013 die Auflösung der Klägerin, berief ihren Geschäftsführer ab und bestellte ihn zum Liquidator. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin endet zum 30.06.
Unter dem 13.02.2014 ordnete der Beklagte (das Finanzamt – FA –) eine steuerliche Betriebsprüfung „bei” der Klägerin unter Nennung von deren Adresse an. Als Prüfungsgegenstand war angegeben:
- • Körperschaftsteuer 2010 bis 2012
- • Gewerbesteuer 2010 bis 2012
- • Umsatzsteuer 2010 bis 2012
- • Gesonderte Feststellungen nach §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 KStG 31.12.2010 bis 31.12.2012.
Abweichend von der zuletzt genannten Angabe war in dem Entwurf einer Prüfungsanordnung für die gesonderte Feststellung der Prüfungszeitraum mit „30.06.2010 bis 30.06.2012” angegeben.
Gegen die Prüfungsanordnung „in all ihren Bestandteilen, vollumfänglich” erhob die Klägerin unter dem 13.03.2014 Einspruch. Sie machte geltend, dass sie infolge der Unternehmensaufgabe und Liquidation keine geeigneten Räumlichkeiten habe, in denen die Prüfung durchgeführt werden kann und begehrte, die Prüfung an Amtsstelle durchzuführen. Diesem Einspruchsbegehren entsprach der Beklagte mit Schreiben vom 25.03.2014. Gleichwohl erhielt die Klägerin ihren Einspruch aufrecht. Daraufhin wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, da der Einspruch durch die Neufestlegung des Prüfungsorts „an Amtsstelle” in vollem Umfang erledigt sei.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, sie habe sich mit ihrem Einspruch nicht nur gegen die Festlegung des Prüfungsorts gewendet, sondern die Prüfungsanordnung vollumfänglich angefochten. Die Prüfungsanordnung sei rechtswidrig, sofern sie sich hinsichtlich der gesonderten Feststellung auf die Prüfungszeiträume 31.12.2010 bis 31.12.2012 bezieht, denn die Klägerin habe ein abweichendes Wirtschaftsjahr (01.07. – 30.06.). Die Prüfungsanordnung sei damit nicht hinreichend bestimmt, denn der Gegenstand der Prüfung lasse sich der Anordnung nicht eindeutig entnehmen. Überdies sei die Prüfungsanordnung bezüglich der Umsatzsteuer rechtswidrig, weil zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter Dr. ABC eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft bestehe.
Das FA hat die angeordnete Betriebsprüfung noch nicht abgeschlossen und noch keinen Prüfungsbericht bekannt gegeben.
Die Klägerin beantragt:
- Die Einspruchsentscheidung vom 26.01.2015 wegen Prüfungsanordnung für die VAZ 2010-2012 vom 13.02.2014 wird aufgehoben.
- Es wird festgestellt, dass die Prüfungsanordnung vom 13.02.2014 rechtswidrig ist.
- Die Kos...