rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausübung des Wahlrechts nach § 1 Abs. 5 DMBilG nur innerhalb der Festsetzungsfrist. nachträgliche Wahlrechtsausübung nach Fristablauf ist kein rückwirkendes Ereignis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Wahlrecht aus § 1 Abs. 5 DMBilG, wonach Genossenschaften, die bis zum 31.12.1991 durch Umwandlung oder Verschmelzung aus LPG'en hervorgegangen sind, als zum 1.7.1990 entstanden angesehen werden können, kann nur innerhalb der Festsetzungsfrist dadurch ausgeübt werden, dass eine DM-Eröffnungsbilanz zum 1.7.1990 und dazugehörige Steuererklärungen eingereicht werden und auf dieser Grundlage eine Veranlagung erfolgt.

2. Die nachträgliche Ausübung des Wahlrechts nach Ablauf der Festsetzungsfrist ist kein rückwirkendes Ereignis, das die erstmalige Durchführung von Veranlagungen für bereits festsetzungsverjährte Veranlagungszeiträume ermöglichen könnte.

 

Normenkette

DMBilG § 1 Abs. 5; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2, § 169 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer darum, ob gegenüber der Klägerin aufgrund von im Januar 2009 eingereichten Erklärungen für das zweite Halbjahr 1990 und für das Wirtschaftsjahr bis zum 30. Juni 1991 erstmalig Steuerbescheide zu erlassen sind.

Die Klägerin ist ein landwirtschaftliches Unternehmen. Vorgängergesellschaften der Klägerin waren die LPG Tierproduktion (LPG T) und die LPG Pflanzenproduktion (LPG P). Diese wurden mit Verschmelzungsbeschluss vom 12.01.1991 auf die „Agrargenossenschaft” rückwirkend zum 01.07.1990 verschmolzen, bei der es sich nach Angaben der Klägerin zunächst ebenfalls um eine LPG gehandelt haben soll. Diese wurde nach dem Vortrag der Klägerin mit Umwandlungsbeschluss vom 22.08.1991 gem. §§ 23 ff. LandwirtschaftsAnpG (formwechselnde Umwandlung) in eine eingetragene Genossenschaft, die Klägerin, umgewandelt.

Die Klägerin hatte seinerzeit keine DM-Eröffnungsbilanz auf den 01.07.1990 erstellt, wohl aber die Vorgängergesellschaften LPG T und LPG P. Die dort ausgewiesenen Bilanzansätze wurden in dem ersten Jahresabschluss der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin zum 30. Juni 1991 zur Darstellung der Vorjahreswerte zusammengefasst.

Am 06.08.2008 beschloss die Klägerin, ihren Gründungstermin auf den 01.07.1990 zurückzuverlegen. Im Januar 2009 reichte die Klägerin unter Berufung auf die Wahrnehmung einer „gesetzlichen Rückbezugsmöglichkeit” aus § 1 Abs. 5 DMBilG Steuererklärungen nebst Anlagen einschließlich einer DM-Eröffnungsbilanz der Klägerin zum 1. Juli 1990 und einer Jahresabschlussbilanz zum 30.06.1991 ein und begehrte die Erstellung erstmaliger Steuerbescheide für 1990 und für das Wirtschaftsjahr bis zum 30. Juni 1991. In der DM-Eröffnungsbilanz berücksichtigte die Klägerin gewinnmindernd auch Sachverhalte, die in den bisherigen Eröffnungsbilanzen der Vorgänger-LPG'en nicht oder nach Ansicht der Klägerin unzutreffend erfasst waren.

Der Beklagte verweigerte die erstmalige Erstellung von Steuerbescheiden für 1990 bzw. die Änderung der für 1991 ergangenen Bescheide. Aufgrund der Ausübung des Rückbezugswahlrechts sei die Klägerin zwar dem Grunde nach dazu berechtigt, zum 01.07.1990 eine DM-Eröffnungsbilanz zu erstellen, die einzelnen Bilanzpositionen müssten aber den Werten in den Eröffnungsbilanzen der Vorgänger-LPG'en entsprechen. Die Möglichkeit geänderter Wertansätze bestehe in den Streitjahren nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Ablehnungsbescheid vom 31. August 2009 Bezug genommen.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage, mit der sie sich gegen den Ablehnungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung wendet. Sie ist der Ansicht, Rechtsgrundlage für den Beschluss vom August 2008 über die rückwirkende Entstehung der Klägerin sei § 1 Abs. 5 DMBilG. Daraus und aus § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO folge das Recht der Klägerin, rückwirkend eine DM-Eröffnungsbilanz zum 01.07.1990 zu erstellen und korrespondierend die Pflicht des Beklagten, die Klägerin erstmalig für das Jahr 1990 zu veranlagen. Dem stehe auch keine Festsetzungsverjährung entgegen. Der Entstehungsbeschluss vom August 2008 stelle ein steuerlich rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar, sodass gemäß Satz 2 dieser Vorschrift auch die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2008 beginne. Die Klägerin sei nicht an die Wertansätze der Rechtsvorgänger gebunden.

Die Klägerin beantragt,

nach Maßgabe der Steuererklärungen vom 12. Januar 2009

  1. das zu versteuernde Einkommen im 2. Halbjahr 1990 auf ./. 1.283.862,00 DM und den Gewerbeertrag auf ./. 1.283.900,00 DM festzusetzen,
  2. das verwendbare Eigenkapital zum 1. Januar 1991 auf 22.449.165,00 DM festzustellen,
  3. das zu versteuernde Einkommen im Veranlagungszeitraum 1991 (30. Juni) auf ./.1.306.305,00 DM, den Gewerbeertrag für diesen Zeitraum auf ./. 1.255.425,00 EUR und die Summe der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapital...

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