rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragende Umwandlung einer LPG. Ausübung des Rückbezugswahlrechts als rückwirkendes Ereignis. Keine Überprüfung der Bilanzansätze der LPG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 4 Abs. 1 DMBilG gehört weder seinem Wortlaut noch seiner systematischen Stellung nach zu den in §§ 1 Abs. 5, 4 Abs. 3 DMBilG genannten Rückbezugsvoraussetzungen (entgegen FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 23.9.1998, 1 K 224/97 und Sächsisches FG, Urteil v. 21.11.2000, 6 K 1029/96). Auch der Sinn und Zweck der betreffenden Normen verbietet keineswegs, zwischen den allgemeinen Anforderungen an die DM-Eröffnungsbilanz einschließlich der Aufstellungsfrist und den speziellen Voraussetzungen für die Wahl des Rückbezuges zu unterscheiden.

2. Üben die durch übertragende Umwandlung aus einer LPG hervorgegangenen Körperschaften ihr Rückbezugswahlrecht nach § 1 Abs. 5 DMBilG aus, so stellt die Wahlrechtsausübung ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar, das die Steuerpflicht der Gesellschaften bereits im Rückbezugszeitpunkt entstehen lässt.

3. Das rückwirkende Ereignis berechtigt das Finanzamt nur zu einer punktuellen Berichtigung, also zur erstmaligen Festsetzung einer Steuerrate gegenüber den übernehmenden Gesellschaften, denen die Bilanzwerte der LPG rückwirkend zuzurechnen sind. Eine Überprüfung dieser Bilanzansätze der LPG ist hingegen nicht mehr zulässig. Das gilt auch dann, wenn – wie im Streitfall – gegenüber der LPG eine Steuerrate nicht festgesetzt worden ist.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 45 Abs. 1 S. 1, § 38; UmwG § 123 Abs. 1; DMBilG § 1 Abs. 5, § 4 Abs. 1, 3

 

Tenor

Die Bescheide 1990 für Körperschaften, Personenvereinigungen, Vermögensmassen im Beitrittsgebiet vom 20. Juli 2000 (betreffend die Klägerinnen zu 1. und 2.) sowie vom 21. Juli 2000 (betreffend die Klägerin zu 3.) und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 11. September 2001 werden mit der Maßgabe aufgehoben, dass die Steuerrate 1990 für die Klägerinnen nach den abgegebenen Steuererklärungen festzusetzen ist.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, falls die Klägerinnen nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

 

Tatbestand

Die drei Klägerinnen (sowie ein weiteres Unternehmen) entstanden aus der im Streitjahr 1990 noch existierenden LPG Pflanzenproduktion … (LPG) durch Teilungsbeschluss vom 10. April 1991, einen zeitnahen Antrag auf Eintragung ins Genossenschaftsregister und entsprechende Durchführung am 29. Mai 1992. Während die Eröffnungs- und Schlussbilanz der LPG ungeprüft blieb, wurden die Klägerinnen für die Jahre 1991 bis 1996 einer ersten Betriebsprüfung unterzogen, die diese Umwandlung als identitätswahrenden Formwechsel ansah. Erst bei einer Anschlussprüfung wurde festgestellt, dass es sich um eine übertragende Umwandlung handelte, so dass die Klägerinnen grundsätzlich nicht mehr als DM-Bilanz pflichtige Unternehmen anzusehen gewesen wären und den zwischenzeitlich mit der … Bank vereinbarten Rangrücktritt über die Altkredite nicht nach DMBilG hätten behandeln dürfen. Daher beantragten die Klägerinnen sowie der weitere Rechtsnachfolger übereinstimmend im Mai 2000 einen Rückbezug nach § 1 Abs. 5 DMBilG und gaben im Folgemonat ihre DM-Eröffnungsbilanzen nebst Steuererklärungen ab, in denen sie die Werte der LPG prozentual unter sich aufteilten. Daraufhin überprüfte der Betriebsprüfer nunmehr aufgrund einer neuen Prüfungsanordnung aus dem Jahr 2000 bei den Klägerinnen auch den Veranlagungszeitraum 1990, bemängelte insbesondere die von der LPG vorgenommenen Wertkorrekturen durch außerplanmäßige Abschreibungen und ermittelte statt des bisher angesetzten Verlustes nunmehr einen Gewinn und in der Folge eine in der Steuerrate 1990 miterfasste Gewerbesteuer. Dem folgend setzte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Juli 2000 die Steuerrate 1990 für die Klägerin zu 1) i. H. v. 39.216,09 EUR und für die Klägerin zu 2) i. H. v. 15.533,05 EUR sowie mit Bescheid vom 21. Juli 2000 für die Klägerin zu 3) i. H. v. 26.024,76 EUR fest und wies die dagegen fristgerecht eingelegten Einsprüche mit Bescheiden vom 11. September 2001 als unbegründet zurück. Hiergegen richten sich die Klagen vom 5. Oktober 2001, welche der Senat in der ersten mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 2005 durch Beschluss zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat.

Die Klägerinnen meinen, der Beklagte dürfe die Wertansätze ihrer Eröffnungsbilanzen nicht mehr überprüfen, denn sie seien als Rechtsnachfolgerinnen der LPG an deren Bilanzwerte gebunden. Der von ihnen gewählte Rückbezug sei unstreitig ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Daher setze eine entsprechende Änderungsmöglichkeit voraus, dass der Sachverhalt bereits in der Vergangenheit erfasst war (vgl. dazu FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 9. Juni 1999, 1 K ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge