Gewinn aus Restschuldbefreiung

Die Finanzverwaltung hat ihre frühere Rechtsauffassung zur steuerrechtlichen Behandlung des Gewinns aus einer Restschuldbefreiung geändert. Die erteilte Restschuldbefreiung kann ein auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe rückwirkendes Ereignis darstellen.

Bisher war es umstritten, wie der Gewinn aus einer am Ende der Wohlverhaltensperiode erteilten Restschuldbefreiung für betriebliche Schulden eines Einzelunternehmers ertragsteuerrechtlich zu behandeln ist. Es waren zwei Rechtsmeinungen anzutreffen:

Rückwirkendes Ereignis bei Restschuldbefreiung

Das BMF ändert nun die bisher vertretene Rechtsauffassung. Abweichend von den Aussagen im BMF-Schreiben vom 22.12.2009 (a.a.O.) stellt die erteilte Restschuldbefreiung ein auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe rückwirkendes Ereignis dar. Zudem soll dies unabhängig davon gelten, ob der Betrieb vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgegeben wurde.

Damit kann der zuvor ermittelte Betriebsaufgabegewinn gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO als geändert und der Gewinn aus der Restschuldbefreiung als rückwirkendes Ereignis im Aufgabejahr erfasst werden.

Sachliche Unbilligkeit

In der Praxis gibt es Fallkonstellationen, in denen ein Rückbezug der gewinnerhöhenden Restschuldbefreiung nicht immer vorteilhaft ist. Insoweit ist es erfreulich, dass die Finanzverwaltung aus Gründen des Vertrauensschutzes zwei Ausnahmen zulässt:

Der Gewinn aus der Restschuldbefreiung kann auf Antrag erst im Jahr der erteilten Restschuldbefreiung versteuert werden, wenn

  • die Betriebsaufgabe nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und vor Veröffentlichung dieses BMF-Schreibens erfolgt ist,
  • die Betriebsaufgabe vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und vor dem 8.8.2017 erfolgt ist.

Praxis-Tipp

Bereits zuvor hatte das FG Münster Urteil vom 21.07.2016 - 9 K 3457/15 E,F im Fall einer Betriebsaufgabe vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entschieden. Das FG kam dabei zum Ergebnis, dass der Gewinn aus der Restschuldbefreiung für eine zuvor betriebliche Schuld nicht dem Jahr der Restschuldbefreiung, sondern bereits dem Jahr der Betriebsaufgabe zuzurechnen sei. Die Finanzverwaltung zog zunächst ins Revisionsverfahren, hatte dann jedoch die Revision wieder zurückgenommen (BFH Beschluss vom 04.09.2017 - IX R 30/16).

Mit dem jetzt ergangenen BMF-Schreiben kann auch in allen weiteren noch offenen Fällen von der geänderten Rechtsauffassung der Finanzverwaltung profitiert werden. Der Gewinn aus einer zu betrieblichen Schulden ausgesprochenen Restschuldbefreiung wirkt auf den begünstigten Betriebsaufgabegewinn zurück.

BMF, Schreiben v. 8.4.2022, IV C 6 - S 2242/20/10002 :001


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