rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des ermäßigten Biersteuertarifs. Merkmal der „Unabhängigkeit” einer in eine Unternehmensgruppe eingebundenen Brauerei
Leitsatz (redaktionell)
1. Der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19.10.1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke enthaltene Begriff der wirtschaftlichen Unabhängigkeit ist im Biersteuergesetz so zu verstehen, dass die erforderliche Unabhängigkeit nicht mehr besteht, wenn eine Person infolge zwischen den einzelnen Brauereien bestehenden strukturellen Verflechtungen bei Beteiligungen und Stimmrechten in die Lage versetzt wird, auf geschäftliche Entscheidungen dieser Brauereien Einfluss zu nehmen.
2. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals einer „rechtlich und wirtschaftlich von einer anderen Brauerei unabhängigen Brauerei” hat restriktiv zu erfolgen, weil der Vorteil des ermäßigten Steuersatzes nur solchen Brauereien zustehen darf, die wegen ihrer geringen Größe benachteiligt sind und die keine wirtschaftliche Gruppe bilden, deren Erzeugung die in Art. 4 der Richtlinie 92/83 festgelegten Grenzen übersteigt.
Normenkette
BierStG § 2 Abs. 2-3; EWGRL 83/92 Art. 4 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung der Tarifermäßigung des § 2 Abs. 2 des Biersteuergesetzes (BierStG). Sie betreibt eine Brauerei in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). An ihrem Stammkapital waren im Streitjahr nachstehende Gesellschafter wie folgt beteiligt:
- RS mit einem Nennbetrag in Höhe von 106.600,00 EUR = 26 v. H. der Geschäftsanteile,
- AP mit einem Nennbetrag in Höhe von 94.300,00 EUR = 23 v. H. der Geschäftsanteile
- IXY Brauerei AG, mit einem Nennbetrag in Höhe von 196.800,00 EUR = 48 v. H. der Geschäftsanteile
- M. Beratungs- und Beteiligungs GmbH, mit einem Nennbetrag in Höhe von 12.300,00 EUR = 3 v. H. der Geschäftsanteile.
Die IXY Brauerei AG fungierte nur noch als Holding ohne eigene Brautätigkeit. An den Geschäftsanteilen der IXY Brauerei AG waren u. a. die österreichische O. Brauerei AG, mit 49 v.H. und die M. Beratungs- und Beteiligungs GmbH (nachfolgend: M. GmbH) mit 30,7 v.H. beteiligt. Vorstandsvorsitzender der O. Brauerei AG war Herr Mag. S. M.. Dieser war ferner geschäftsführender Gesellschafter der M. GmbH. Konzernmutter und beherrschende Gesellschafterin der O. Brauerei AG war die G.H AG, (jetzt firmierend als O. Holding AG). Letztere stand zu rund 81 v.H. im Besitz der Familien Wh (ca. 65 v.H.) und M. (ca. 16 v.H.). Die restlichen Gesellschaftsanteile hielten zwei weitere Familien. Nach § 9 Abs. 2 der Satzung der O. Brauerei AG zählte bei Stimmengleichheit der zwei Vorstandsmitglieder, Frau Wh und Herr Mag. M., die Stimme des Vorstandsvorsitzenden. Die IXY Brauerei AG war als assoziiertes Unternehmen im Konzernabschluss 2005 der O. Brauerei AG sowohl nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) als auch in dem Jahresabschluss nach österreichischem Handelsgesetzbuch (HGB) aufgeführt, wobei die Klägerin wiederum als Beteiligung der IXY Brauerei AG ausgewiesen wurde.
Ausgehend von den Beteiligungsverhältnissen und der Abstimmungsregelung ging das Finanzgericht München im Urteil vom 6. April 2006 (14 K 4578/04 nicht veröffentlicht) von einem über IXY Brauerei AG vermittelten beherrschenden Einfluss der O. Brauerei AG auf die IXY Brauerei Bierspezialitäten GmbH aus. Durch seine Stellung als Vorstandsvorsitzender bei der O. Brauerei AG und als geschäftsführender Gesellschafter der M. GmbH verfüge Herr Mag. M. bei der IXY Brauerei AG de facto über die Stimmenrechtsanteile beider Gesellschaften (79,7 v.H.), so dass er mit der Stimmrechtsmehrheit die Möglichkeit habe, die personelle Besetzung der der Gesellschaftsorgane der IXY Brauerei AG zu steuern.
Das Hauptzollamt (HZA) hatte die Klägerin zunächst als eine von der IXY Brauerei AG bzw. O. Brauerei AG unabhängige Brauerei i. S. des § 2 Abs. 2 und 3 BierStG behandelt und die Biersteuerschuld im Jahresbiersteuerbescheid für 2005 vom 02.02.2006 mit dem ermäßigten Steuertarif des § 2 Abs. 2 BierStG in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung festgesetzt.
Im Zuge des von der Klägerin gegen den Biersteuerbescheid für das Jahr 2005 betriebenen Einspruchsverfahrens wegen der durch das Haushaltsbegleitgesetzes 2004 bewirkten Erhöhung der Steuersätze in § 2 Abs. 2 BierStG verneinte das HZA nunmehr die Voraussetzungen für die Tarifermäßigung des § 2 Abs. 2 BierStG. Mit Steueränderungsbescheid vom 04.12.2006 – V 3205 B – 2005 – B 19 erhob es den Differenzbetrag zum Normaltarif nach. Die Klägerin sei über die IXY Brauerei AG von der O. Brauerei AG wirtschaftlich abhängig. Damit habe die Menge des von den Brauereien erzeugten Bieres 200.000 hl überschritten. Zur Begründung berief sich das HZA darauf, dass...