rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Familienleistungsausgleich
Nachgehend
Tenor
1. Unter Aufhebung des Bescheides vom 27.02.1997 und der Einspruchsentscheidung vom 09.05.1997 wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Tochter X für die Zeit vom 01.01.1997 bis zum Juli 1997 Kindergeld in Höhe von 220,– DM monatlich zu gewähren.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe des Kostenerstattungsbetrags des Kläger die Vollstreckung abzuwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob während eines Auslandsaufenthaltes im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses Kindergeld zu gewähren ist.
Die Tochter des unbeschränkt steuerpflichtigen Klägers hielt sich vom 05.01.1997 bis 15.08.97 in England auf (Bl. 69 der Arbeitsamts-Akte – AA-Akte). Vom 14.01.1997 bis zum 10.06.1997 (Bl.19 Finanzgerichtsakte – FG-Akte) besuchte sie im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses die …-Sprachschule. Der Sprachkurs umfaßte täglich 2 Std. von montags bis freitags. Eine Unterrichtsstunde währte 60 Minuten. Für Vor- und Nachbereitung des Sprachkurses wandte die Tochter des Klägers mindestens 2 Stunden pro Tag auf; für den Hin- und Rückweg zur Schule benötigte sie jeweils eine halbe Stunde, d.h. täglich eine Stunde. Der Kurs kostete insgesamt ca. 800 DM. Die Tochter des Klägers erhielt für ihre Au-pair-Tätigkeit ein Taschengeld von ca. 135 DM wöchentlich, Kost und Logis waren frei. Sie erhielt von der University of … ein Zeugnis (Bl. 38 FG-Akte). Am 01.08.1997 begann sie eine Ausbildung an der staatlichen Berufsakademie …, wo sie Betriebswirtschaft (Fachrichtung Bank) studiert, und nach 2 Jahren den Abschluß als Wirtschaftsassistentin und nach 3 Jahren den Abschluß als Diplom-Bankwirtin erlangen kann.
Für den Zeitraum des Au-pair-Verhältnisses versagte der Beklagte die Gewährung von Kindergeld unter Hinweis darauf, die Tochter befinde sich nicht in Berufsausbildung. Der Einspruch blieb erfolglos.
Der Kläger trägt vor, es bestehe auch für die Zeit des Au-pair-Verältnisses ein Kindergeldanspruch. Der Auslandsaufenthalt seiner Tochter diene der Vorbereitung für ihr Betriebswirtschaftsstudium. Hierfür seien Kenntnisse der englischen Sprache unabdingbare Voraussetzung. Bereits im ersten Vorstellungsgespräch der Tochter, das vor dem Auslandsaufenthalt stattgefunden habe, sei der beabsichtigte Auslandsaufenthalt sehr positiv bewertet worden. Auch seien während der Ausbildung Auslandspraktika vorgesehen. Die Tochter werde in 1998 für ca. 8 Wochen ein Praktikum an einer Bank in den USA antreten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 27.02.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.1997 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, der Auslandsaufenthalt könne nicht als Berufsausbildung angesehen werden. Englischkenntnisse seien für ein Betriebswirtschaftsstudium zwar nützlich aber nicht vorgeschrieben. Englisch sei, wie sich aus der Übersicht über den Berufsausbildungsgang ergebe (vgl. Bl. 82, 83 AA-Akte) keine Zugangsvoraussetzung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht für seine Tochter Kindergeld im beantragten Umfange zu.
Gemäß § 62 Abs. 1 Einkommensteuergesetz -EStG- 1996 hat Anspruch auf Kindergeld für Kinder i.S.d. § 63 des EStG 1996, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1996 werden Kinder i.S.d. § 32 Abs.1 EStG 1996 berücksichtigt. § 32 Abs. 3 bis 5 EStG 1996 gilt entsprechend (§ 63 Abs.1 Satz 2 EStG 1996). Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Ziff. 2 Buchst. a EStG 1996 wird danach ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Berufsausbildung ist begrifflich die Ausbildung für einen künftigen Beruf. Zur Berufsausbildung gehört auch der Besuch von Allgemeinwissen vermittelnden Schulen (vgl. zum Begriff Schmidt/Glanegger, EStG, 15. Aufl., § 32 Rdz. 38). Ebenfalls kann ein Auslandssprachaufenthalt zur Berufsausbildung gezählt werden, wenn er zur Vervollkommnung der Sprachkenntnisse bestimmt ist und solche für die Berufsausbildung erforderlich sind (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Komm. zum EStG und Körperschaftsteuer, § 32 Anm. 96). Dies gilt selbst dann, wenn das Kind als Haushaltshilfe (Au-pair) tätig wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der der Senat folgt, wird diesen Aufenthalt, wenn er ungefähr ein Jahr nicht überschreitet, regelmäßig als Berufsausbildung anzusehen sein, sofern nicht besondere Anhaltspunkte gegen das Vorliegen einer Berufsausbildung sprechen (BFH, Urteil vom 15.01.1960, VI 310/58 U, BStBl III 1960, 118). Auch nach der Rechsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – kann ein Au-Pair-Aufenthalt Berufsausbildung sein, wenn der ...