Entscheidungsstichwort (Thema)
Entnahme eines dem Unternehmensvermögen durch Geltendmachung des hälftigen Vorsteuerabzugs zugeordneten Autos auch nach Ablauf des fünfjährigen Vorsteuerberichtigungszeitraums voll umsatzsteuerpflichtig
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Entnahme eines über fünf Jahre unternehmerisch genutzten Pkw's, bei dessen Erwerb gemäß § 15 Abs. 1b UStG 2002 nur 50 v.H. der Vorsteuer abgezogen wurden, ist ungeachtet dessen umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig, dass zum Zeitpunkt der Entnahme der für den PKW nach § 15a Abs. 1 UStG in der vor 2005 gültigen Fassung maßgebliche Berichtigungszeitraum von fünf Jahren bereits abgelaufen ist; eine einschränkende Auslegung von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG 2007 kommt auch unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts nicht in Betracht.
2. Bemessungsgrundlage für die Entnahme des PKW ist ungeachtet des vorangegangenen nur hälftigen Vorsteuerabzugs der volle Händereinkaufswert zum Zeitpunkt der Entnahme.
Normenkette
UStG 2007 § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1, S. 2, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13a Abs. 1 Nr. 1; UStG 2002 § 15 Abs. 1b, § 15a Abs. 1, 4; Richtlinie 2006/112/EG Art. 16, 187-188
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin entnahm einen Personenkraftwagen aus dem Betriebsvermögen ihres gewerblichen Unternehmens und überführte ihn in ihr Privatvermögen. Die Parteien streiten um die umsatzsteuersteuerliche Behandlung dieses Vorganges.
Die Klägerin betrieb ein Einzelhandelsgeschäft in A-Stadt. Sie erwarb am 28.02.2002 einen Pkw der Marke Mazda Premacy zu einem Preis von netto 16.163,79 EUR zzgl. 2.586,21 EUR Umsatzsteuer. Diesen Wagen ordnete die Klägerin dem Betriebsvermögen ihres Einzelhandelsgeschäftes zu. Im Jahre 2002 machte sie die auf den Einkaufspreis entfallende Umsatzsteuer zur Hälfte im Wege des Vorsteuerabzuges geltend, mithin 1.293,11 EUR. Im Betriebsvermögen erfasste sie das Fahrzeug mit Anschaffungskosten von 17.456,89 EUR, nämlich mit dem Nettopreis zzgl. der hälftigen Umsatzsteuer.
Die Klägerin nutzte das Fahrzeug gemischt, sowohl betrieblich als auch privat. Gemäß § 3 Abs. 9 a S. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) a. F. versteuerte sie die nichtunternehmerische Nutzung des Fahrzeuges nicht.
Da im Laufe der Zeit das Einzelhandelsgeschäft das Einkommen der Klägerin nicht mehr sichern konnte, nahm sie im Herbst 2005 zusätzlich zu dem Gewerbe ein befristetes Arbeitsverhältnis auf. Die wirtschaftliche Situation in dem Einzelhandelsgeschäft verschlechterte sich in der Folge weiterhin, so dass die Klägerin beschloss, das Gewerbe ruhen zu lassen. Den Pkw ließ sie daraufhin von einem Kfz-Händler bewerten und überführte ihn im März 2007 mit dem Händlereinkaufswert von 6.875,00 EUR in ihr Privatvermögen.
Mit dem angegriffenen Umsatzsteuerbescheid für 2007 vom 2.12.2008 setzte der Beklagte eine Zahlschuld von 1.229,57 EUR fest, wobei der Beklagte den Steuersatz von 19% auf die Bemessungsgrundlage von 6.875,00 EUR ansetzte (Umsatzsteuerakte, Bl. 6). Den hiergegen eingelegten Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 4.02.2009 als unbegründet zurück. Die Klage ging am 27.02.2009 bei Gericht ein.
In dem von der Klägerin parallel angestrengten Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Umsatzsteuerbescheides beschloss der 2. Senat des Thüringer Finanzgerichtes am 9.06.2009, die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides auszusetzen. Wegen der Begründung der Entscheidung wird auf diesen, den Parteien bekannten, Beschluss ergänzend Bezug genommen (Gerichtsakten 2 V 109/09, Bl. 14 ff.).
Die Klägerin trägt vor:
Die Entnahme des Betriebsfahrzeuges sei nach § 15a UStG zu behandeln. Eine Berichtigung der Vorsteuer sei nicht mehr vorzunehmen, da der fünfjährige Berichtigungszeitraum für bewegliche Wirtschaftsgüter bereits abgelaufen gewesen sei.
Die Klägerin beantragt:
Der Umsatzsteuerbescheid vom 02.12.2008 für 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 04.02.2009 wird aufgehoben.
Der Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Beklagte trägt vor:
Die Entnahme des Fahrzeuges unterliege insgesamt der Umsatzsteuer, § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG. Dies entspräche dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) und den Verwaltungsanweisungen des Beklagten. Eine zeitliche Begrenzung für die Entnahmebesteuerung sei in den einschlägigen Vorschriften nicht vorgesehen.
Hätte die Klägerin den PKW verkauft, anstatt ihn zu entnehmen, hätte die Lieferung ohne jeden Zweifel der vollen Umsatzbesteuerung unterlegen. Die Klägerin müsse einen Endverbraucher gleichgestellt werden. Dies spräche daher zwingend für eine Entnahmebesteuerung, unabhängig davon, ob die Entnahme vor oder nach Ablauf des Berichtigungszeitraumes des § 15a UStG erfolgt.
Der Senat hat mündlich verhandelt. Neben den Gerichtsakten lagen dem Senat die Umsatzsteuerakten und das Bilanzheft vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der angegriffene...