rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerliche Behandlung eines sog. „Thüringen-Stipendiums” für Ärzte in der Weiterbildung zum Facharzt
Leitsatz (redaktionell)
1. Verpflichtet sich eine Ärztin, die sich im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit einer Klinik in der Weiterbildung zur Fachärztin befindet, in einem Vertrag mit der „Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen”, unmittelbar nach Abschluss der Facharztprüfung für mindestens vier Jahre als Hausarzt an der vertragsärztlichen Versorgung in Thüringen teilzunehmen, und müsste sie bei Nichteinhaltung dieser Bedingung das Stipendium zurückzahlen, so muss sie das von der Stiftung ausgezahlte Stipendium als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG versteuern. Das gilt auch dann, wenn die Ärztin ohnehin dauerhaft in Thüringen arbeiten will und das Stipendium dafür nicht ausschlaggebend ist, es sich als um einen Mitnahmeeffekt handelt.
2. Das sog. „Thüringen-Stipendium” führt nicht zu Einkünften im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses oder zu künftigen ärztlichen Einkünften nach Abschluss der Facharztprüfung und ist auch nicht nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei, da nach der Zweckbestimmung entsprechend den Vergaberichtlinien mit dem Stipendium keine begünstigten Förderungszwecke i. S. d. § 3 Nr. 44 EStG verfolgt werden.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 3, § 3 Nr. 44 Sätze 1-2, § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die einkommensteuerliche Behandlung eines sog. „Thüringen-Stipendiums”, insbesondere ob es sich um steuerbare bzw. steuerpflichtige oder steuerfreie Einnahmen handelt.
Die Klägerin studierte bis zum 31.03.2012 Medizin an der Universität A. Ihre Approbationsurkunde erhielt sie am 11.01.2012. Am 21.02.2012 unterschrieb sie einen Arbeitsvertrag mit dem B. Das Arbeitsverhältnis begann am 01.05.2012.
Am 17.09.2012 schlossen die Klägerin und die „Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen”, Zum Hospitalgraben 8, 99425 Weimar, einen Vertrag über ein „Thüringen-Stipendium”, welches auf der Grundlage dieses Vertrages an die Klägerin ausgereicht wurde. Entsprechend der vertraglichen Regelung in § 4 Abs. 2 wurde das Stipendium in einer Summe (… Euro) im Jahr 2012 ausgezahlt.
Die Stiftung wurde im Juli 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen sowie dem Freistaat Thüringen gegründet. Zweck der Stiftung ist gemäß § 2 der Stiftungs-Satzung (vgl. Bl. 23 ff. der Gerichtsakte) die Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen. Im Statut zur Vergabe von Thüringen-Stipendien vom 16.03.2012 heißt es dazu:
„Im Rahmen des Thüringen-Stipendiums sollen Ärzte, die sich in der Weiterbildung zum Facharzt befinden, eine monatliche Zuwendung erhalten, wenn sie sich verpflichten, sich anschließend in Thüringen niederzulassen. Mit den Fördermaßnahmen soll dem Ärztemangel insgesamt und der drohenden bzw. in absehbarer Zeit drohenden Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung insbesondere entgegengewirkt … werden.”
In der Präambel des Vertrags vom 17.09.2012 zwischen der Stiftung und der Klägerin ist u.a. ausgeführt: „Der sich abzeichnende Ärztemangel stellt alle Verantwortlichen im Gesundheitswesen vor große Herausforderungen. Der Gewinnung von ärztlichem Nachwuchs, insbesondere in ländlichen Regionen, gilt dabei das besondere Augenmerk.”
In § 1 des Vertrags vom 17.09.2012 heißt es weiterhin:
„Ziel des Vertrags ist die Umsetzung der Fördermaßnahmen zur ambulanten ärztlichen Versorgung. Durch die Fördermöglichkeiten im Rahmen des Thüringen Stipendiums sollen die in Weiterbildung befindlichen Ärztinnen/Ärzte finanziell unterstützt und an die Niederlassung im Bereich des Freistaates Thüringen gebunden werden. Die Ärztinnen/Ärzte, die sich in der Weiterbildung zum Facharzt befinden, sollen das Thüringen-Stipendium erhalten, wenn sie sich im Gegenzug verpflichten, für eine bestimmte Dauer als Hausarzt an der vertragsärztlichen Versorgung in Thüringen teilzunehmen. Mit den Fördermaßnahmen soll der drohenden Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung entgegen gewirkt und die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen bei der Erfüllung/Gewährleistung des Sicherstellungsauftrages gemäß § 75 SGB V unterstützt werden.”
Nach § 2 des Vertrages verpflichtet sich die Stipendiatin, dass sie mit Unterzeichnung des Vertrages die vorgeschriebene Weiterbildung zu dem von ihr angegebenen Fachgebiet absolviert und an der entsprechenden Facharztprüfung teilnehmen wird. Ferner verpflichtet sie sich, unmittelbar nach Abschluss der Facharztprüfung, für einen bestimmten Zeitraum im Bereich des Freistaates Thüringen in der vertragsärztlichen Versorgung tätig zu sein. Dafür erhält sie von der Stiftung eine Förderung als Einmalzahlung zur finanziellen Unterstützung für den gesamten Zeitraum der Weiterbildung.
Nach § 6 des Vertrages erhält die Stipendiatin die Förderung, wenn sie sich v...