Entscheidungsstichwort (Thema)
Auf der Grundlage des Strafbefreiungserklärungsgesetzes an das Finanzamt gezahlte und später wieder an den Steuerpflichtigen zurückerstattete Strafbefreiungsabgabe nicht nach § 233a AO zu verzinsen
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Steuerpflichtige bezüglich einer Veräußerung nach § 17 EStG vorsorglich eine strafbefreiende Erklärung auf der Grundlage des Strafbefreiungserklärungsgesetzes (StraBEG) vom 23.12.2003 abgegeben, die Strafbefreiungsabgabe an das Finanzamt gezahlt und wurde diese Besteuerung infolge der Verfassungswidrigkeit des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG 2001 später wieder rückgängig gemacht, so ist die nach § 37 Abs. 2 AO an den Steuerpflichtigen zurückerstattete Strafbefreiungsabgabe nicht nach § 233a AO zu verzinsen. Das gilt ungeachtet dessen, dass der nach § 1 StraBEG zu zahlende Betrag gemäß § 10 Abs. 1 StraBEG als Einkommensteuer gilt, die strafbefreiende Erklärung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht und § 10 Abs. 4 StraBEG die Anwendung des § 233a AO nicht ausschließt.
2. § 233a AO zielt dabei auf die Verzinsung von (laufend) veranlagten (Jahres-)Steuern ab, wozu die Abgeltungssteuer nach dem StraBEG nicht zählt. Bei der Strafbefreiungsabgabe handelt sich aus materiell-rechtlicher Sicht vielmehr um eine Steuerart „sui generis” (vgl. auch Hessisches FG, Urteil v. 11.4.2011, 10 K 3043/07, EFG 2011 S. 1500; FG Hamburg, Urteil v. 12.6.2007, 5 K 110/06, EFG 2007 S. 1556), die abstrahiert von den nach § 1 Abs. 1 StraBEG erfassten, hinterzogenen Steuern als pauschale Abgeltungssteuer zu sehen ist.
Normenkette
StraBEG § 10 Abs. 1, 2 S. 1, Abs. 3-4; AO § 233a Abs. 1 S. 1, § 37 Abs. 2; EStG 2001 § 17 Abs. 1 S. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein auf der Grundlage des Strafbefreiungserklärungsgesetzes (StraBEG) gezahlter und später zurückerstatteter Betrag nach § 233a Abgabenordnung (AO) zu verzinsen ist.
Der Kläger gab am 23.12.2004 vorsorglich eine strafbefreiende Erklärung nach dem StraBEG zur Einkommensteuer 2001 ab, in der er neben Kapitalerträgen aus den Jahren 1998 bis 2001 von 34.105 EUR auch Gewinne aus der Veräußerung von Aktien der Fa. A AG in 2001 nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 2.299.881 EUR als Einnahmen im Sinne des § 1 StraBEG meldete. Der Kläger leistete (der Rechtsauffassung des Beklagten vorsorglich folgend) eine Strafbefreiungsabgabe (25 %) in Höhe von insgesamt 583.497 EUR.
Mit Schreiben vom 20.01.2005 legte der Kläger Einspruch gegen die strafbefreiende Erklärung ein, mit der Begründung, dass die Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze auf 1 % nach § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in der für das Streitjahr 2001 maßgeblichen Fassung verfassungswidrig sei. Die vom Beklagten geforderte Strafbefreiungsabgabe sei also rechtswidrig. Die Erträge des Klägers seien zum ganz wesentlichen Teil darum auch ohne Rechtsgrund gezahlt.
Der Beklagte gab dem Einspruch des Klägers mit Bescheid vom 19.12.2016 statt. Die nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz geleistete Strafbefreiungsabgabe wurde um den auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Betrag von 574.971 EUR auf 8.526 EUR gemindert.
Mit Schreiben vom 20.12.2016 beantragte der Kläger die Festsetzung von Erstattungszinsen nach § 233a Abgabenordnung (AO) für den gesamten Zeitraum von der Einzahlung bis zur Auszahlung der Strafbefreiungsabgabe. Die Strafbefreiungsabgabe gelte gemäß § 10 Abs. 1 StraBEG als Einkommensteuer und demzufolge sei der zu erstattende Betrag als Einkommensteuerüberzahlung nach § 233a Abs. AO für 144 Monate zu verzinsen.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 16.02.2017 – unter Verweis auf das Urteil des Hessischen Finanzgerichts (FG) vom 11.04.2011, EFG 2011, 1500 – die Zinsfestsetzung nach § 233a AO zur Strafbefreiungsabgabe nach dem StraBEG ab, weil sie nicht vom Regelungsinhalt des § 233a AO erfasst sei.
Im Rahmen seines hiergegen gerichteten Einspruchs machte der Kläger geltend, dass die vom Beklagten geforderte Zahlung keine Strafbefreiungsabgabe sein könne, weil sie für den Teil von 574.971/583.497 (EUR) nie habe erhoben werden dürfen. Das Urteil des Hessischen Finanzgerichts sei darum nicht einschlägig.
Nach erfolglosem Einspruch verfolgt der Kläger sein Begehren mit der Klage weiter und macht geltend: Die in Rede stehende Steuerzahlung stelle keine Strafbefreiungsabgabe dar.
Soweit der Beklagte insoweit meine, der Kläger habe eine wirksame Strafbefreiungserklärung abgegeben, die eine strafbefreiende Wirkung gehabt haben soll, sei dies falsch. Die Nichtbeachtung eines verfassungswidrigen Gesetzes stelle mit Ex-tunc-Wirkung keine strafbare Handlung dar. Insofern habe vom Kläger auch kein „Zusammenhang zum StraBEG” selbst hergestellt werden können. Vielmehr habe – nach jahrelangem Rechtsstreit – das Bundesverfassungsgericht das vom Beklagten angewendete Gesetz wegen seiner Rückwirkung für verfassungswidrig beurteilt. Einer Steuerzahlung, die auf einem verfassungswi...