rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkungsteuertatbestand nach § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG bei im Gesellschaftsvertrag vorgesehener, mit Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters erfolgter „freiwilliger” Einziehung eines GmbH-Anteils gegen eine unter dem dem tatsächlichen Wert des Anteils liegende Abfindung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Fiktionstatbestand des § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG erfasst nicht nur die „Zwangseinziehung” des Gesellschaftsanteils an einer GmbH nach § 34 Abs. 2 GmbHG, sondern auch eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene, mit Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters erfolgte „freiwillige” Einziehung von GmbH-Anteilen gegen eine unter dem dem tatsächlichen Wert der Anteile liegende Abfindung. Unter den Begriff der Einziehung im Sinne des § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG fallen alle Regelungstatbestände des § 34 GmbHG.
2. Die Mitgliedschaft endet für einen Gesellschafter einer GmbH, wenn sein Anteil gemäß § 34 GmbHG eingezogen wird. Die Einziehung wird mit der Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter wirksam, vernichtet den Geschäftsanteil des betroffenen Gesellschafters und lässt sämtliche mit dem Geschäftsanteil verbundenen Mitgliedschaftsrechte sowie auch den Geschäftsanteil untergehen (vgl. BFH- und BGH-Rechtsprechung).
3. Für die Tatbestandsverwirklichung des § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG kommt es auf subjektive Merkmale, wie z. B. das Bewusstsein der Unentgeltlichkeit, nicht an. Die fiktive Bereicherung der verbleibenden Gesellschafter stellt sich nach § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG als Folge des Übergangs des eingezogenen Geschäftsanteils dar.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 7 S. 2; GmbHG § 34 Abs. 1-2
Nachgehend
Tatbestand
I.
Strittig ist das Vorliegen eines schenkungssteuerlichen Tatbestandes.
Der Kläger ist Gesellschafter der A GmbH (im Folgenden GmbH). Diese ist im Handelsregister B unter der Nummer HRB C eingetragen. Das Stammkapital betrug im Jahr 2007 324.000,00 EUR. Gesellschafter waren in diesem Jahr D, E, F und G. Diese waren jeweils mit 81.000,00 EUR am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt.
Mit notariellem Vertrag vom 22. Mai 2007 beschlossen alle erschienenen Gesellschafter folgendes:
„… Die Gesellschafter beschließen einstimmig:
II.
Einziehung des Geschäftsanteils E
- Der Geschäftsanteil des E wird mit dessen Zustimmung und mit Wirkung zum 31.12.2007 eingezogen, § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages.
- Es wird unwiderruflich eine Einziehungsvergütung nach § 9 des Gesellschaftsvertrages von 75.000,00 EUR (fünfundsiebzigtausend Euro) bestimmt, die von der Gesellschaft an den ausscheidenden Gesellschafter auszuzahlen ist.
- Die Beteiligten versichern hierzu, dass eine Auszahlung der Vergütung möglich ist, ohne dass Stammkapital der Gesellschaft anzugreifen. Entsprechende freie Rücklagen sind vorhanden.
Diese Einziehungsvergütung stellt die Abfindung für alle Gesellschafterrechte dar, auch für das Gewinnbezugsrecht 2006 und 2007. Ein ausschüttungsfähiger Gewinn ist wegen des umfangreichen Verlustvortrags der Gesellschaft nicht zu erwarten.
Die Einziehungsvergütung ist E in 75 gleichen Monatsraten zu je 1.000,00 EUR auszuzahlen. Die Raten sind jeweils am 30. bzw. letzten Tag eines jeden Monates fällig, erstmals am 30.01.2008: Bis zur jeweiligen Fälligkeit sind die Raten nicht zu verzinsen. Sonderzahlungen sind jederzeit möglich und sollen abhängig von der Gewinnsituation erfolgen. …”
§ 10 des GmbH-Gesellschaftsvertrages vom 20.10.1994 lautet folgendermaßen:
„… Einziehung von Geschäftsanteilen
- Einziehung von Geschäftsanteilen ist mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters jederzeit zulässig.
Die Einziehung des Geschäftsanteils eines Gesellschafters ohne dessen Zustimmung ist zulässig, wenn
a) |
der Geschäftsanteil von einem Gläubiger des Gesellschafters gepfändet oder sonst wie in diesen vollstreckt wird und diese Vollstreckungsmaßnahme nicht innerhalb von zwei Monaten, spätestens bis zur Verwertung des Geschäftsanteils aufgehoben wird … |
5. Statt der Einziehung können die Gesellschafter beschließen, dass der betroffene Gesellschafter den Geschäftsanteil ganz oder zum Teil auf die Gesellschaft oder auf eine im Beschluss zu benennende Person zu übertragen hat…”
Der Notar leitete den Vertrag vom 22.05.2007 dem Finanzamt H zu (§ 54 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung – EStDV –). Das beklagte Finanzamt forderte den Kläger daraufhin für die Zuwendung des E zur Abgabe einer Schenkungssteuererklärung auf. Dem kam der Kläger nicht nach.
Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des Werts des Anteils an einer Kapitalgesellschaft nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG auf den 31.12.2007 (Besteuerungszeitpunkt) für Zwecke der Schenkungsteuer nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG setzte das Finanzamt I für die A GmbH den Wert des Anteils an einer Kapitalgesellschaft auf 280 vom 100 pro 100,00 EUR Nennkapital fest.
Mit Schenkungsteuerbescheid vom 07.12.2011 setzte das Finanzamt H aus der Zuwendung des E aus dem notariell...