Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerpflicht einer Antennengemeinschaft in der Rechtsform eines nicht rechtsfähigen Vereins. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 27/23)
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Antennengemeinschaft in der Rechtsform eines nicht rechtsfähigen Vereins, die als Kabelnetzbetreiber jährlich etwa 1200 Haushalte mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen versorgt, hierzu unter anderem mit verschiedenen Gesellschaften Einspeise- und Kooperationsverträge abgeschlossen hat, aufgrund derer die Haushalte mit den Fernseh- und Hörfunkprogrammen versorgt werden können, die ferner die Vergütungen für die Einräumung der Nutzungsrechte an die Gesellschaften entrichtet, Provisionen sowie Mitgliedsbeiträge vereinnahmt, die Antennenanlage durch Reparaturaufträge gegen Entgelt im Betrieb hält und über viele Jahre hin durchwegs tatsächlich Gewinne erzielt, ist eine Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG, erzielt gewerbliche Einkünfte und ist daher gewerbesteuerpflichtig sowie (nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG) körperschaftsteuerpflichtig.
2. Die von den Haushalten, die mit den Fernseh- und Hörfunkprogrammen versorgt werden, als Mitglieder des Vereins gezahlten „Beiträge” stellen Entgelt im Sinne des § 10 Abs. 1 UStG dar.
3. Es ist vom Bestehen eines „nicht rechtsfähigen Vereins” auszugehen, wenn in einer Mitgliederversammlung eine Satzung beschlossen wurde, wonach unter anderem:
- sich die Mitglieder für eine unbestimmte Zeit zu dem Zweck, den medialen Informationsbedarf der Mitglieder und anderer berechtigter Nutzer durch die Gewährleistung Hör- und Fernsehfunkversorgung mittels des Betriebes einer Kabelfernseh-Orts-Versorgungsanlage zu fördern, zusammenschließen,
- notwendige Vereinsorgane wie Vorstand und Mitgliederversammlung vorhanden sind,
- Stimmengleichheit der Mitglieder besteht,
- der Fortbestand der Vereinigung unabhängig von der Zugehörigkeit bestimmter Personen ist und die Möglichkeit der Beendigung der Mitgliedschaft unter anderem durch Vertrag, freiwilligen Austritt und Ausschluss aus dem Verein besteht,
- zur Auflösung des Vereins der Beschluss der Mitgliederversammlung erforderlich ist und
- der Verein im Rechtsverkehr mit dem Zusatz n.r.V. aufgetreten ist.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 Sätze 1, 3, § 10 Abs. 1; MwStSystRL Art. 9 Abs. 1; KStG § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 8 Abs. 1; BGB § 54; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 2 S. 1
Tatbestand
I.
Strittig ist u. a., ob der Kläger, eine Antennengemeinschaft, umsatzsteuerpflichtig und körperschaftsteuerpflichtig ist.
Im Jahr 1985 wurde der Gemeinschaftsvertrag der Antennengemeinschaft der Stadt A abgeschlossen. Der Vertrag lautet u. a. folgendermaßen:
„Aufgabe und Ziel des Vertrages
Der Zusammenschluss der Antennengemeinschaft erfolgt zwecks Errichtung einer Gemeinschaftsantenne in kollektiver Arbeit, durch Zahlung eines anteiligen Geldbetrages sowie eigener Arbeitsleistung mit dem Ziel der qualitativen Verbesserung des Fernseh- und UKW Stereo Empfanges, der Vermeidung von Dachreparaturen im Zusammenhang mit Einzelantennen und der Kosten- und Materialeinsparung bei Unterhaltung von Antennenanlagen in der Stadt A. Die Antennengemeinschaft garantiert ihren Mitgliedern einen einwandfreien Fernsehempfang im Rahmen der technischen Möglichkeiten und der Lage des Territoriums.
…”
In der Mitgliederversammlung des Klägers vom 29.07.1997, an der 47 Mitglieder teilgenommen haben, wurde folgende Satzung beschlossen:
„Satzung der Antennengemeinschaft A n.r.V.
§ 1 Name und Sitz
Der Verein führt den Namen Antennengemeinschaft A nicht rechtsfähiger Verein (n.r.V.)
Er hat den Sitz in: A, B-straße
…
§ 2 Zweck
Der Zweck des Vereins ist die Förderung des medialen Informationsbedarfes der Mitglieder und anderer Berechtigter Nutzer der Stadt A durch die Gewährleistung der Hör- und Fernsehfunkversorgung mittels des Betriebes einer Kabelfernseh-Orts-Versorgungsanlage. Als zentrale Aufgabe wird die Übertragung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen sowie eines Informationskanals anerkannt.
Die Aufgabe des Vereins ist es, diese Ziele durch eigene Organisation zu einem bestmöglichen Kostensatz für die Mitglieder bei optimaler Übertragungsqualität für die ausgewählten Programme zu gewährleisten und dem technischen Fortschritt Rechnung zu tragen.
…
§ 3 Mitgliedschaft
Der Verein kann aktive und fördernde Mitglieder haben.
…
§ 4 Beendigung der Mitgliedschaft
Die Mitgliedschaft endet durch Vertrag, freiwilligen Austritt, Ausschluss aus dem Verein oder Verlust der Rechtsfähigkeit der juristischen Person. Der freiwillige Austritt erfolgt durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vorstand.
…
§ 5 Mitgliedsbeiträge
Aktive Mitglieder sind zur einmaligen Leistung des Aufnahmebeitrages in Höhe von 400,00 DM verpflichtet. Darüber hinaus ist jedes Mitglied zur Zahlung eines Beitrages verpflichtet, dessen Höhe in der Mitgliederversammlung beschlossen wird und der vierteljährlich zum Ende eines Quartals fällig ist.
…
§ 6 Mittelverwendung
Die Mittel des Vereins dürfen nur für satz...