Entscheidungsstichwort (Thema)
Landesverbände. Verwaltungsakt. Vorverfahren. Bestandsschutz. Pflegeleistungen. Träger der Pflegeeinrichtung. Leistungsklage. Anfechtungsklage. Rückwirkung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Entscheidung der Landesverbände der Pflegekassen über Bestandsschutz nach § 73 Abs. 3 und 4 SGB XI ergeht durch Verwaltungsakt.
2. Sind wegen § 85 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGG Ausgangs- und Widerspruchsbehörde identisch, ersetzt der im gerichtlichen Verfahren gestellte Antrag der Behörde auf Abweisung der Klage das erforderliche Vorverfahren.
3. Der Bestandsschutz nach § 73 Abs. 3 und 4 SGB XI steht nicht der „Pflegeeinrichtung” zu, sondern deren Träger. Er endet bei einem Wechsel des Trägers.
4. Die auf Abschluss eines Versorgungsvertrags nach § 73 SGB XI gerichtete Klage ist erst zulässig, wenn die Landesverbände der Pflegekassen über den Abschluss (ablehnend) entschieden haben.
5. Ein Versorgungsvertrag nach § 73 SGB XI kann nicht mit Wirkung für die Vergangenheit abgeschlossen werden.
Normenkette
SGB XI §§ 72-73, 81 Abs. 1 S. 1; SGG § 85 Abs. 2 Nr. 1, § 193 Abs. 4; SGB X § 44
Verfahrensgang
SG Altenburg (Urteil vom 09.10.2001; Aktenzeichen S 15 P 1059/98) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagten zu Recht die Gewährung von Bestandsschutz im vollen Umfang für die Einrichtung der Klägerin – Pflegeheim L.… – nach § 73 Abs. 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) abgelehnt haben. Hilfsweise begehrt die Klägerin den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit Wirkung zum 1. Juli 1996.
Die Klägerin betreibt seit dem 1. Januar 1995 das Pflegeheim L.… Sie beantragte am 13. September 1995 bei der Beklagten zu 1) die Einräumung von Bestandsschutz für die Pflegeheime L.…, T.… und L.… Die Heime seien bis zum 31. Dezember 1994 vom Eigenbetrieb “Zentrale Heimverwaltung des Landkreises Altenburg/Schmölln” erfasst gewesen und zum 1. Januar 1995 bei ihr integriert worden. Sie reichte einen gemeinsamen Strukturerhebungsbogen vom 13. September 1995 ein. Vor dem 1. Januar 1995 sei vollstationäre Pflege auf Grund einer Vereinbarung mit den Sozialhilfeträgern erbracht worden. Ganzjährig würden 113 vollstationäre Plätze vorgehalten. Es würden altersverwirrte Pflegebedürftige und im Einzelfall pflegebedürftige Erwachsene betreut. Sie überreichte ihre Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger vom 29. Dezember 1994. Die Leistungsvereinbarung trat mit Wirkung zum 1. Januar 1995 in Kraft.
Mit Schreiben vom 23. April 1996 teilte der Beigeladene dem Thüringer Ministerium für Soziales und Gesundheit mit, bei dem Pflegeheim L.… handele es sich um eine Behinderteneinrichtung.
Am 20. Juni 1996 fand eine gemeinsame Sitzung des Gremiums nach § 81 SGB XI statt. Thema der Beratung war die Anerkennung des Bestandsschutzes für die von den Beklagten vorgeschlagenen Einrichtungen, u.a. laut vorliegender Liste das Pflegeheim L.
Mit Bescheid vom 25. Juni 1996 lehnten die Beklagten die Gewährung von Bestandsschutz für das Pflegeheim L.… ab. Nach § 71 Abs. 4 SGB XI seien stationäre Einrichtungen, in denen die medizinische Vorsorge oder Rehabilitation, die berufliche oder soziale Eingliederung, die schulische Ausbildung oder die Erziehung Kranker oder Behinderter im Vordergrund stünden, keine stationäre Pflegeeinrichtungen.
Die Klägerin teilte der Beklagten zu 1) mit, im Pflegeheim L.… seien 56 Heimbewohner untergebracht, welche die Voraussetzungen nach dem SGB XI erfüllten. Sie listete die Heimbewohner namentlich auf; 53 Plätze seien für Behinderte vorgesehen.
Gegen den Bescheid vom 25. Juni 1996 erhob die Klägerin am 15. Juli 1996 beim Sozialgericht Altenburg Klage, mit dem Antrag, für 56 Heimbewohner Bestandsschutz anzuerkennen (Az.: S 15 P 1111/96).
Mit Bescheid vom 30. Oktober 1996 gewährten ihr die Beklagten Bestandsschutz für die Gebäudeteile R.… und S.… (2. und 3. Etage) für 60 Dauerpflegeplätze als vollstationäre Pflegeeinrichtung nach § 73 Abs. 4 SGB XI. Die Klägerin nahm daraufhin die Klage beim Sozialgericht zurück.
Im Februar 1997 teilte sie der Beklagten zu 1) mit, nach Aussage eines Mitarbeiters des Landessozialamtes Meiningen werde es auf Grund der Teilung des Hauses in eine Pflegeeinrichtung nach dem SGB XI und eine Behinderteneinrichtung nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zu Problemen bei der Abrechnung der 42 Heimbewohner in der Behindertenhilfe kommen, weil nur vier Anerkennungsbescheide nach §§ 39, 40 BSHG vorlägen. Künftig sollten vom Landessozialamt Meiningen nur noch die Heimkosten für die nach §§ 39, 40 BSHG anerkannten Heimbewohner und die anderen Kosten von der Pflegekasse übernommen werden.
Im März 1997 informierte die Beklagte zu 1) die Klägerin dahingehend, dass keine weiteren Leistungen von den Beklagten zu erwarten seien, da es sich um eine Behinderteneinrichtung handele. Mit Schreiben vom ...